Oberösterreich, 10. Jahrgang, Heft 3/4, 1960

Das Welser Landwirtschaftsmuseum TEXT: DR. GILBERT TRATHNIGG BILDER: MAX EIERSEBNER An Versuchen, die Erträgnisse der Land- und Forstwirt schaft durch aufklärende Erlässe und Verordnungen zu heben, hat es auch in früheren Jahrhunderten nicht gefehlt. Eine besondere Wirkung muß der Tätigkeit der Land wirtschaftlichen Gesellschaften zugeschrieben werden, die Vorgänger im 18.Jahrhundert hatten, aber erst nach Neugründung im Jahre 1819 in Graz unter tätiger Anteil nahme von Erzherzog Johann richtig zum Zuge kamen. Da ihr Bestreben von Verbesserungen im Saatgut bis zur Förderung bestimmter Tierrassen auch zur Einfuhr neuer, in Österreich bis dahin nicht gebräuchlicher Arten reichte, ist ihr Einwirken auf die Struktur der landwirtschaftlichen Betriebsform erheblich, zumal sie auch Verbesserungen im Arbeitsgerät und späterhin die Einführung von Maschinen anstrebten. Ihre Propagandatätigkeit wurde auf verschie denste Art betrieben. Hier mag nur erwähnt werden, daß sie auch landwirtschaftliche Ausstellungen anregte und zum Teil selbst durchführte. Das Linzer Volksfest früherer Jahre hängt eng mit der Tätigkeit dieses Vereines zusammen, das Rieder Volksfest war bis 1884 überhaupt eine Sache des landwirtschaftlichen Vereines, war von ihm begründet worden. Das Welser Volksfest ist zwar eine Gründung, die mit dem landwirtschaftlichen Verein nicht zusammen hängt, auf gute Zusammenarbeit wurde aber stets Wert gelegt. Freilich darf nicht verschwiegen werden, daß, wie bei allen zentral gelenkten Bestrebungen, Ergebnisse, die wir heute als Fehlentwicklungen bezeichnen müssen, nicht vermieden werden konnten. So hat man, um ein Beispiel anzuführen, es sich angelegen sein lassen, das einheimische fettarme Schwein durch ein fettreiches zu ersetzen. Die Einfuhr von englischen Zuchtebern und die Errichtung von Zuchtstationen hat hier ganze Arbeit geleistet. Trotz dieser intensiven fachlichen Aufklärung und För derung ging die Wandlung im landwirtschaftlichen Betrieb bis zum ersten, in gewissem Sinn sogar bis zum zweiten Weltkrieg langsam und stetig vor sich. Da die maschinellen Geräte meist durch tierische oder menschliche Kraft ange trieben werden mußten, fügten sich die Neuerungen in die alte Betriebsform ein, besserten sie wohl, veränderten sie aber nicht von Grund auf. Erst der Einbruch der Ma schinen, die nunmehr mit Diesel, Benzin oder mit Elek trizität angetrieben werden, leitete Umwälzungen ein, in denen wir noch mitten drinnen stehen. Sicher ist bereits heute, daß zahlreiche alte Arbeitsmethoden, ebenso viele alte Arbeitsgeräte aus dem Betrieb verschwinden. Das gleiche giltfür Anbaugut,zum Teil auch für Haustierrassen. Aus dieser Lage heraus sind die Anregungen, die bereits nach dem ersten Weltkrieg vorgebracht wurden und die Errichtung landwirtschaftlicher Museen forderten, zu ver stehen. Ein zentrales Landwirtschaftmuseum, das sich nur oder vorwiegend auf Arbeitsgeräte und auf sonstige Zeug nisse und Objekte zur landwirtschaftlichen Betriebsform spezialisiert hätte, entstand allerdings nicht. Wohl aber haben zahlreiche Museen im Rahmen ihrer volkskundlichen Abteilungen bäuerliches Arbeitsgerät zu sammeln begonnen. Zum Teil sind in diesen Jahren überaus wesentliche und wertvolle Sammlungen entstanden. Auch in Wels sind die ersten Anregungen schon vor dem zweiten Weltkrieg aufgegriffen worden, konnten aber aus verschiedenen Gründen nicht weiter verfolgt werden. Der verstorbene Landesarchivdirektor Hofrat Dr. Erich Trinks, der seit den zwanziger Jahren immer wieder ein landwirt schaftliches Museum propagierte, hat nun bald nach der Gründung des Musealvereines Wels in einer Ausschuß sitzung seine Wünsche und Pläne bezüglich einer solchen Einrichtung vorgebracht. Der damalige Kulturreferent Vizebürgermeister Direktor E.H.Josseck griff diese An regungen auf, brachte sie in einer Stadtratssitzung vor. Tatsächlich beschloß diese dann, unter dem Vorsitz von Bürgermeister Dr. O.Koss, die Gründung eines solchen Museums in Wels. Nach drei Jahren Vorarbeit, die von Kulturreferent und Vizebürgermeister Dr. Aubert Salz mann außerordentlich gefördert wurde, kam es 1957 zur Bildung eines Kuratoriums unter dem Vorsitz von Landes hauptmannstellvertreter Ökonomierat Johann Blöchl. Ab 30. August 1958, dem Eröffnungstag des Welser Volksfestes 1958, konnte die erste Sonderausstellung des Landwirt schaftsmuseums gezeigt werden. Zum gleichen Termin wurde 1960 die zweite Sonderausstellung, die sieben Räume, darunter vier Säle umfaßt, fertiggestellt. Hand in Hand mit der Sammeltätigkeit und den verschiedenen Neuauf stellungen wurden Arbeitsberichte und Überblicke über den Bestand der Sammlung in den Jahrbüchern des Museal vereines Wels ab Jalu-gang 1957 veröffentlicht. Wir bezeichnen die jetzige Aufstellung wieder als Sonder ausstellung, weil sie nach der Zielsetzung nur ein Teilgebiet zeigt. Danach soll nicht nur altes Bauerngerät gesammelt, sondern die gesamte Geschichte und die Wandlungen der ländlichen Betriebsform dargestellt werden. Der Wandel der Betriebsform verändert ja nicht nur die Geräte und maschinellen Behelfe, sondern auch die Haus und Hofformen, die Arbeitsmethoden und das Arbeits brauchtum. Die Verteilung der Arbeit, die Schwerpunkt verlagerungen auf Ackerbau, Viehzucht, Wald und bäuer liche Nebenbetriebe änderten sich ebenso wie die Ver wendung von bestimmten Samen- oder Setzlingsarten und die Pflege dieser oder jener Rasse bei den Haustieren. Alle diese Momente sollen berücksichtigt werden, und eine betriebswirtschaftliche Sammlung soll auf diesem breiten Gebiet die älteren Zustände bis zum Einbruch der Maschine durch Erwerbung geeigneter Objekte, durch bildliche Darstellungen, durch Verbreitungskarten und Modelle festhalten. Es wird notwendig sein, mit Hilfe archivalischer Studien herauszuarbeiten, welchen Anteil die verschie denen Kulturgattungen, die einzelnen Tierarten früher hatten, welcher Anteil den verschiedenen bäuerlichen Nebenerwerben zukam und welche Geräte zum bäuer lichen Inventar gehörten. Ebenso wird das Wechselspiel zwischen Bodenreform und Bodenbeschaffenheit und der Betriebsart herauszuarbeiten sein. Aber auch die Erin nerung an Fruchtfolgen und Fruchtarten, die heute nicht oder nur mehr wenig bekannt sind, wird in den Arbeits bereich einzubeziehen sein, genauso wie das Aufkommen neuer Arten festgehalten werden muß. Die Lösung dieser umfassenden Zielsetzung, die ihrerseits nur einen Ausschnitt aus der Kultur- und Wirtschafts geschichte des Bauerntums darstellt, kann naturgemäß nur schrittweise erfolgen. Trotz der oft erheblichen Mittel, die von der oö. Landesregierung, der oö. Landwirtschaftskammer und zahlreichen Spendern und Förderern außer

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