(Kulturzeitschrift) Oberösterreich, 5. Jahrgang, Heft 1/2, 1955

Betrieb der lokolbohn linz-Eferding-Woizenkirchen Von den neun durch die Firma Stern & Haf- f.er! betriebenen Bahnlinien ist die Lokalbahn Linz-Eferding-Waizenkirchen eine der wichtigsten. Sie wurde in den Jahren 1912 bis 1913 von der Firma Stern & Hafferl er- richtet und ist Eigentum der Linzer Lokal- bahn-AG. Die Industrialisierung der Stadt Linz hatte zur Folge, daß die Bahn ihren Charakter als ländliche Lokalbahn verlor und ihre Haupt- aufgabe die Beförderung von Arbeitern nach Linz wurde. Dies beweist der schwunghafte Anstieg der beförderten Personen von 227.000 im Jahre 1937 auf 1,115.000 im Jahre i 954, wobei die absolute Spitze wäh- rend des Hamsnerverkehrs 1947 2,790.000 betrug. Diese Umschicht ung hatte zur Folge, d!aß so- wohl die Leistung der Bahn sich verviel- fachte, die Einnahmen jedoch bei weitem nicht in demselben Maße anstiegen, da er- stens die Tarife nicht der Preissteigerung ent- sprechend nachgezogen werden konnten, an- dererseits die Zunahme überwiegend verbil- ligt fahrende Arbeiter und Schüler betraf. Daß die vorhandenen Anlagen für den fünf- fachen Verkehr bei weitem nicht ausreichten ist wohl selbstverständlich. Daher mußte unter größten Opfern die Lei- stungsfähigkeit der Bahn systematisch gesnei- gert werden. Hiebei ist zu bedenken, daß die Bahn wegen des bestehenden Heimfallrechtes keine Kredite aufnehmen kann, daß Privat- bahnen von der ERP-Hilfe ausgeschlossen waren und daß auch keinerlei Subventionen erteilt wurden . Unter diesen Umständen und bei der bekann- ten Defizitwirtschaft der staatlichen Bahnen ist folgende Aufbauleistung um so mehr be- achtenswert. Vom Fahrpark, der urprünglid1 aus 5 Trieb- wagen, 2 Lokomotiven, 8 Personenwagen und einer Anzahl Güterwagen bestand, wurden 1944 durch Brand 2 Triebwagen, 1 Loko- motive, 1 Personenwagen vernichtet. Seit dieser Zeit konnten 2 moderne vier- achsige Triebwagen von 480 PS Leistung, 6 vierachsige Personenwagen und 2 Lokomo- tiven beschafft werden. 2 Triebwagen, 8 Personenwagen und 2 Loko- motiven wurden von anderen Stern-&-Haf- ferl-Bahnen angemietet. Durch Verbesserung im Oberbau konnte die Fahrgeschwindigkeit von 30 km/h auf 50 km/h erhöht und eine Fahrz,eitverkürzung von 2½ Stunden zwischen Linz-Peuerbad1 auf 1 ½ Stunden erreicht werden. Dies machte den Ausbau und die Verstärkung der Unterwerke notwendig. Früher bestan- den 3 Umformerwerke von insg,esamt 210 kW, jetzt 4 Gleichriditerstationen von ca. 2200 kW. Die Fahrleitung mußte ausge- 77 wechselt und verstärkt werden und wegen der erhöhten Fahrgeschwindigkeit Gewiditsnach- spannungen eingebaut werden. Die größte finanzielle Aufgabe wartet jedoch noch auf die Bahn: Es müs,sen, um die Ver- kehrsleitung sicher bewältigen zu können und um den nicht unbedeutenden Güterver- kehr wirtschaftlicher zu gestalten, die gesam- ten Schienen ausgewechselt werden. Die alten Schienen mit einem Metergewicht von 22.- kg werden durch solche von 33.- kg, die auf 30 Meter Länge geschweißt sind, ersetzt. · Bisher konnten erst 2 km gewechselt werden, es ist aber zu hoffen, daß die Arbeit in ver- stärktem Tempo weitergeführt werden kann. Auf jeden Fall kann an Hand dieses Bei- spieles nachgewiesen werden, daß es jetzt noch möglich ist, bei größter Sparsamkeit Nebenbahnen wirtschaftlich zu betreiben. Gleichrichterwogen der lokolbohn lomboch-Hoog Die Firma Stern & Hafferl verwendet auf der von ihr betriebenen Strecke Lambadi- Haag zwei Sonderwagen, die in ihrer Bauart einzig dastehend sind und sich in 5jährigem Betrieb bestens bewährt haben. Der Bau der Wagen wurde durch die Elek- trifizierung der Westbahnstrecke Attnang- Linz notwendig. Und zwar aus folgendem Grund: Die Lokalbahn Lambach-Haag, die im Jahre 1931 von der Firma Stern & Haf- ferl mit Gleichstrom 750 V elektrifizi,ert wor- den war, benützt die Westbahnstrecke in einer Länge von 4 km zwischen Lambach und Neukirchen. Durch die Elektrifizierung mit 15.000 Volt Wechselstrom mußte cllie Gleich- stromfahrleitung demontiert werden. Von den versdiiedenen Lösungsmöglichkeiten eines Betriebes der Gleichstrombahn auf d\':r 15.000- V-Wechselstromstrecke wurde die Lö- sung mit Hilfe des Gleidirichterwagens als die wirtschaftlichste gewählt. Der Wagen hat die Aufgabe, hinter dem Gleichstromtriebf.ahrzeug gereiht, dieses mit Gleichstrom zu versorgen. Es formt den hochg,espannten Wechselstrom mi rtels Trans- formator und zwei Glasgleidirichter in Gleidistrom um und leitet diesen durch ein Kabel zum Triebfahrzeug. Mit Hilfe eines einfachen Umschalters, dier eine sinnreidie Sicherung gegen falsche Betätigung enthält, ist die Durchfahrt auf die Gleidistrom- stred,e ohne Aufenthalt möglich. Außerdem besitzt das Fahrzeug einen eigenen Motor, der ihm Verschubfahrten gestattet. Das grundsätzlich Neue und Erstmalige die- ser Anlage ist die Umformung eines Ein- phasenwechselstromes mit der niederen Fre- quenz von 16 2 /3 in Gleichstrom mittels Gleichrichter in einem Eisenbahnfahrzeug. Ein großes Problem war hiebei d'ie Ab- federung der Glasgleichriditer, die, so para- dox es klingen mag, unempfindlicher als die normalen Eisengleidirichter sind. Die Gleidi- richter werden in einem Stahlrohrkäfig frei- schwingend aufgehängt, dessen Schwingungen mit Stoßdämpfer abgefangen werden. Diese Anordnung hat sich so bewährt, daß audi starke Verscliubstöße den Betrieb der Kolben nidit im geringsten stören. Die Gleidirichteranlage zu beiden Wagen wurde von der Firma Elektrobau-AG. geliefert, während die Wagen selbst in der Bahnwerk- stätte Vorchdorf der Firma Stern & Hafferl gebaut wurden. Neuerdings wurden in Amerika überschwere Lokomotiven gebaut, die nadi demselben Prinzip arbeiten, die nur statt der Glas- gleichrichter eine Sonderart von Gleichridi- tern, die lgnotron, verwenden. Ebenso sind in Frankreich für 50 Periodenstrecken ähn- liche Lokomotiven im Versuch. Jetzt laufen nun diese Fahrzeuge fast fünf Jahre, ohne daß es der öffentlidikeit bewußt worden wäre, daß hier tedinisdies Neuland betreten wurde.

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