(Kulturzeitschrift) Oberösterreich, 4. Jahrgang, Heft 1/2, 1954

1A50 / Lamm/r/NF 7^. ^ar/>/- ^/a?r'<2 7?a<7?r6, mn /A^o / >5<2Mm/r/??F 7^. 7^?rar/^ ^r/oi'!flik;cu?r.ir.ü in 8ittnr.l i Vorfahren hervorsuchte, um an Sommergäste schlechte Imitationen alter Hinterglasbilder als „Souvenirs" zu verkaufen. Auch Rambolds Kindheit fiel schon in jene Zeit, da die Hinterglasmalerei als Volkskunst längst tot war, und auch seine Bilder können nur als schwache Nach ­ ahmung angesprochen werden. Diese Feststellungen mögen manche kränken, die solche Bilder erworben haben, können aber um der Wahrheit willen nicht verschwiegen werden, besonders deshalb, weil auf Besuche bei den genannten beiden Männern die romantische Vorstellung von einer noch in den Dreißigerjahren dieses Jahrhunderts „leben ­ den" Volkskunst gestützt wurde. Der Einfluß solcher Ro ­ mantik wirkte zudem jahrzehntelang weiter und ein Autor übernahm voin anderen ohne Nachprüfung ihrer Stich ­ haltigkeit die Legende von der „Bauernmalerei hinter Glas", deren Ausübende „unbekannt" und „anonym" ge ­ wesen seien. Die Geschäftskorrespondenz aus dem Nachlaß zeigt hin ­ gegen, daß noch bis in die Fünfzigerjahre des 19. Jahr ­ hunderts mancher Hinterglasmaler durch seine Ware und seine Vertriebsorganisation mit dem halben Kontinent in Geschäftsverbindung stand, selbst als die Übersee- handelsverbindungen des )S. Jahrhunderts schon längst abgerissen waren. Keinem Bauern des 1 s. und 19. Jahr ­ hunderts wäre es zuzumuten gewesen, die Ein- und Durch ­ fuhrbestimmungen verschiedener Länder, die Zoll- und Frachttarife diverser Beförderungsmittel, die Führung ausgedehnten Schriftwechsels, die Übersicht über Dutzende von Bilderträgern, Zwischenhändlern und Abnehmern zu kennen, bzw. zu beherrschen. Der Meister mußte nicht nur die Technik zahlreicher Arbeitsvorgänge, des Schneidens, Schleifens, Ätzens, des Vergoldens und Verspiegelns der Tafeln sowie des Malens in Lasur- und opaken Farben, beherrschen und deren unterschiedliche chemische Einwir ­ kungen aufeinander kennen. Er mußte auch die Abstim ­ mung der Arbeiten aufeinander, die rechtzeitige Anliefe ­ rung des Rohstoffes Tafelglas, dessen preisgünstigen Ein ­ kauf, sachgemäße Lagerung, Rücklieferung der Scherben und Abfälle an die Hütte regeln, für Einhaltung der Lie ­ ferfristen und Wechseltermine sorgen, Nachlässe für Bruck)- und Transportschäden sowie gleitende Geldwerte ausländischer Währungen einbevechnen usw. Vor allem mußte der Meister um eine möglichst günstige Verteilung der Aufträge in zeitlicher Hinsicht bemüht sein, damit sein Betrieb ohne allzu große Arbeitsspitzen oder zu lange Stillstandszeiten jahraus jahrein weiterlief. Entsprechend den erzielbaren preisen und den Wettbewerbsverhält- nissen in den verschiedenen Absatzgebieten mußte er auch größere oder geringere Sorgfalt bei der Anfertigung, damit höhere oder mindere (Dualität und zudem Sonder- wünsche der Auftraggeber oder Abnehmer in Rechnung stellen, welcher wirkliche Bauer hätte neben der Sorge um seinen Hof jemals Zeit gefunden, sich so ausgedehnte ge ­ werbliche und geschäftliche Kenntnisse anzueignen? Als dann die Zeit des Niederganges des Bilderhandels anbrach, sahen sich die Meister vor die neue Aufgabe ge ­ stellt, neben dem rückläufigen Betrieb ihrer Hinterglas- malerwevkstatt eine neue Erwerbsquelle zu erscbließen, auszubauen und zum Ertrag zu bringen, damit ein mög ­ lichst reibungsloser Übergang gefunden werden konnte, sobald der Bilderabsatz völlig stockte. Selbst diese an ­ spruchsvolle Leistung wurde von den meisten Hinterglas- malern mit Geschick gemeistert. Der eine wurde Glaser- meister, ein anderer Glaswarenhändler, der dritte Gast ­ wirt, einer sogar Zeichenlehrer an einer Schule, wieder andere nahinen neue waren in ihren Vertrieb und wur ­ den ländliche Kaufleute oder dergleichen. Nur ein Fall ist bekannt, bei dem ein Brand von Haus und Werkstatt, ein anderer, bei dem eine Vergantung wegen unaufdringlicher Schulden den Meister um die Existenz brächte und seinen: Gewerbe ein plötzliches Ende setzte. Jeder Kenner bäuerlichen Lebens und der Anforderun ­ gen, die ein Bauernhof an den Landwirt stellt, wird zu ­ geben, daß die oben geschilderten Aufgaben unmöglich neben der Landwirtschaft von einem Mann erfüllt werden konnten. Hätte in der Behandlung des Themas „Volks ­ kunst", insbesondere der Hinterglasmalerei, nicht so viel Oberflächlichkeit geherrscht, hätte man sich nicht immer 77

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