(Kulturzeitschrift) Oberösterreich, 1. Jahrgang, 1951 , Heft 2

JOHANNES WüRfZ [Rudo{f Steinbüch{er Rudolf Steinbüchler wohnt seit Jahren im Schloß Hagen in Urfahr, den großen Saal mit den hohen Fenstern hat er zu seinem Atelier gemacht. Es sind nur wenige Menschen, die er zu Besuch bittet. Wer aber kommt, betritt einen ausgedehnten, nicht so rasch überschaubaren Arbeitsplatz. Die Fliesen sind kühl, die Wände weißgetüncht, die Geräte stehen und liegen in keiner anderen Ordnung, als welche in der Pause zwischen Arbeit und Arbeit entsteht, und deutete nicht aUes auf die Geschäfte eines Meisters, so möchte man meinen, man sei eingedrungen in eine Luft von Betrachtung und Askese. Fertige Bilder sind wenige zu sehen, aber viele Zeichnungen, Studien, gerahmt und ungerahmt, und große Kartons an den Wänden, vor allem aber eine beträchtliche Zahl von Entwürfen, und zwar Kompositionen in Farbe. Wer der Kunst sonst in Museen und Galerien begegnet, dem bietet sich. hier ein sehr ent– gegengesetztes Bild. Man kann nicht denken, daß · hier Werke entstehen, die nur den Ort zu wechseln hätten, da– mit sie einem Publikum zur Schau gestellt würden. Man ist eher an eine Bauhütte erinnert, darin nebeneinander ver– schiedene Aufträge langsam ihr,er Vollendung entgegen– reifen . Nun pflegt die Hütte neben dem Dom zu liegen, für den sie arbeitet; dagegen steht hier die Ausführung in der Ferne und das ganze Tun scheint sich teils in üben, teils in Erfinden zu erschöpfen. Dies könnte leicht den Eindruck des Unfertigen erwecken, vergeblicher Ansätze, verwor– rener Bemühung. In Wahrheit überwältigt uns eine ge– lassene Ordnung. Ja, wer in Hast und mit b_ebenden Ner– ven hier eingetreten ist, und überhaupt noch mit Augen empfindet, fühlt sich bald einbezogen in Helle, Stille und Einklang. Seit Steinbüchler in Hagen wohnt, hat er in ölbildern den Park dargestellt, ein– mal mit dem Schloß im Hintergrund, dann mit dem Blick auf die Stadt urid endlich das Grün selbst mit dem dunkleren Grün der Umfriedung. Hängt ein solches Bild im Saal, so ist es da schon 1n der angemesse– nen Umgebung. Anders in einer Ausstellung: ein Beschauer, der auf die üblichen Wirkungen ein– gestellt ist, geht daran vorüber, denn alles rings– umher spricht lauter auf ihn ein und der stillen Landsdrnft bleibt nichts übrig, als vollends zu ver– stummen. Ist der Mann aber auf künstlerische Wahrheit aus. so wird er sich gerade diesem Bilde länger aussetzen und in der Folge unter seiner dauernden Nachwirkung Blick von Schloß Hagen aiif Linz. (Österr . Staats– galerie, Wien.) stehen. Ein Kenner wird sagen: bei künstlerischer Qualität wird es sich immer so verhalten; nur die Nebeneffekte des Lichtes und der Stimmung, der PaletN: und des Pinsels sind einseitig und erregend, der Abglanz eines Gebildes aber, das echt und ganz ist, stammt schon aus der Tiefe und geht sogleich in die Tiefe. Steinbüchler gelingt es, in diesen öl– bildern unmittelbar Atmosphäre zu geben, und zwar nicht bloß die impressionistische, sondern in hohem Maße die gegenständliche. Di,ese schafft die Leere, darin di,e Dinge ihre wahre Ausdehnung erreichen, den Frieden, darin sie zu sich kommen können. Voraussetzung ist hiefür, daß der Künstler die Dinge in der Betrachtung bereits durchdrun– gen hat, bevor •er noch den Pinsel zur Hand nimmt. Ein Geheimnis, das ganz bei ihm liegt, ist es auch, daß dem Ganzen der Charakter des Ungefähren, der Zustand der . Schwebe bewahrt bleibt. Er beruft die Dinge so ins Bereich des Sichtbaren, daß 'Sie den Klang, den sie in der ersten Schau haben, nicht verlieren. Es geschieht, daß ein Museumsdirektor oder der Be– sitzer einer Galerie an ihn di·e Frnge richtet, wenn er schon in dieser Gattung solche Vollendung erreid1t habe, ob er in ihr nicht mehr Werke schaffe. Er kann nur antworten, daß seine Absichten seit längerer Zeit nach einer andern Richtung gehen, nämlich auf das Fresko. Sein ölbild steht in -der besten Überlieferung, aber eben di,ese läuft sich heute aus. Daß solche Bi1der noch geschätzt und begehrt sind, bedeutet für den schöpferischen Mensd1en wenig gegen das eigene Empfinden, daß die Gehalte, die in der Zeit und in der Person gereift sind, sich aus eigenem nicht mehr in der alten intimen Form aussprechen. Der Gedanke, sich einmal im Fresko zu erproben, kann natürlich jedem Maler kommen, und gerade der unerfah- 2?

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