(Kulturzeitschrift) Oberösterreich, 1. Jahrgang, 1950/51 , Heft 1

26 Engel mit Mitra und P edum vom Grabmal des Passauer Bi– schofs F. Mauerkircher. Um 1480. Nachfolge des N. Gerhaert. der aus Konstanz und Straßburg nach Wien zog, um Kai– ser Friedrich III. das vielgestaltige Grabmal zu meißeln. Der Kopf des aus Passau vertriebenen Bischofs ist ganz Kraft und Strenge. Der herrliche Grabstein des Rans– hofener Propstes Blasius Rosenstingl (t 1504) - er könnte aus Burghausen stammen, Franz Martin schreibt ihn dem Salzburger Bildhauer Hans Valkenauer zu - redet in kla– rer Formenschönheit von dem männlichen Ernst des Be– grabenen und seine versunken musizierenden Engel von der Liederseligkeit, die stet$ an Inn und Salzach daheim war, und der ebenso das innige Oberndorfer Weihnachts– lied „Stille Nacht, heilige Nacht" wie die Tongefüge des in Braunau geborenen Josef Reiter entstammen. Wie tiefer Glockenton berührt uns das mannhafte Lei– den des Heilands, der aus der ehemalig,en Sebastianskirche in das Braunauer Heimathaus kam. Der Adel dieses um 1520 entstandenen Hauptes scheidet sich klar von dem derberen Gepräge der ni,ederbayrischen Plastik dieser Jahre. Es ist sinnvoll, _hier an einen bedeutenden Braunauer Schnitzer zu denken. Das herb melodische Bruchstück einer Schmerzensmutter der gleichen Sammlung mag eben– falls heimisch sein. Aus jedem Werke dieser großen Zeit sieht uns tiefer Ernst und eine Lebensfülle an, der wir uns ergriffen hingeben. - Die Malkunst scheint stets in Braunau im Schatten der Kunst Salzburgs und Passaus, ja sogar von Burghausen und Laufen gestanden zu haben. Braunauer Maler des 15. Jahrhunderts, wie Peter Käser (1488) und Wolfgang Rewter (t 1497), werden uns nicht faßbar. - Diese spätmittelalterli~he Fülle verkörpert,e sich im Barock aufs neue. Wieder ersteht vor uns große Kunst, männlich, ernst und wahr, der Heimat zutiefst verbun– den. Die aus Seeschwaben stammenden Bildhauer Michael und Martin Zürn, anfänglich in Wasserburg und in Stift Seeon (nördlich des Chiemsees) tat1g, machten sich m Burghausen ansässig und gaben ihre aus dem Manierismus zu einem vorzeitigen Barock sich entfaltende Kunst na– mentlich dem westlichen Innviertel. Nachdem sie für Tau– benbach und das steirische Stift Admont gearbeitet hatten (Hochaltar von St. Martin a. d. Salza), schuf ihre Werk– stätte 1642 den nun zerstörten Hochaltar der Braunauer Stephanskirche. Seine bedeutenden, leider aber schwer be– schädigten Bildwerke birgt der Kirchenraum und das Hei– mathaus. In diesen gezierten, eindringlich charakterisierten Gestalten belebt sich die artistische Kunstform des späten Manierismus mit neuem seelischem Inhalt. In der weiteren Entwicklung der Kunst Martin Zürns - den wir 1643- 1649 in Braunau nachweisen können -, erwächst aus dem tiefen seelischen Erleben des Schaffenden, aufgerufen von der Anteilnahme des ganzen Volkes, ein ganz persönlich bedingter Barock. Die Altarplastiken in St. Georgen an der Mattig sind Urkunden dieser Entwicklungsstufe und gehören zum Besten alpenländischer Kunst. In ihnen entlädt sich die seelische Spannung in plastischen Szenen von höch– ster Bewegtheit. Am Zürn-Kruzifix in Eggelsberg (1648) gehört das Haupt mit der majestätischen Bemeisterung des Schmerzes zu den Kunstschöpfungen von überzeit– lichem Rang. Der Geist der Brüder Zürn schattet noch über den Werken des Braunauer Bildschnitzers Sebastian Hagenauer, der um 1700 die Spitalskirche und die Stifts– kirche von Ranshofen überreich geschmückt hat. Ein be– deutendes Talent wie jenes des aus Braunau stammenden Malers Caspar Sing (1651-1726) entfaltete sich erst in der Fremde; in München wurde er gefeierter Hofmaler. Braunaus künstlerisches Schaffen war im wesentlichen abgeschlossen, als die Stadt 1779 mit dem Innviertel an Dsterreich kam. Was über die Jahrhunderte hinweg diese ihre Kunstschätze zur Einheit bindet, ist ihr Wurzeln 111 der Stammesart und ihr mannhaftes Dienen im Geiste. Bischof Friedrich Mauerkircher von Passau.

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