(Kulturzeitschrift) Oberdonau, 1. Jahrgang, Dezember 1941 - Februar 1942, Heft 5

Zans zu suchen. Von Liebe geführt, entdeckte sie nach vielen Mühen ihren Bräutigam, der sich in einer Fels¬ grotte, der Koppenbrüllerhöhle, verborgen hielt. Die Seff nahm leicht Abschied von welt und Menschen, sie harrte getreulich bei ihrem Ziebsten aus und die beiden führten viele Jahre das Leben von Höhlen¬ menschen. Sie nährten sich von Wurzeln und Kräutern und wenn sie ein Stück Wild einfingen, trug Seff die Decke ins Tal, um sie bei der Binderin in Aussee gegen das Allernötigste einzutauschen. Erst nach langer Zeit, als das Mädchen schwer erkrankte, mußte Hans die Zilfe der Menschen anrufen. Das rührende Beispiel treuer Liebe fand bei den Zeugen lebhafte Fürsprecher, durch die endlich die Begnadigung bei der Kaiserin erwirkt wurde. Ein Bildstock auf der Daßhöhe der Koppenstraße wurde als Denkmal dieser Liebe errichtet. Rührend ist auch die Sage von einem jungen Tiebes¬ paar, die der Schullehrer von Tasberg aufgezeichnet hat. In der Blüte ihrer Jugend wurden die Liebes¬ leute vom Schicksal auseinandergerissen. Als sie bein Abschied am Rand des Waldes eine seltsame, tiefblaue Blume zu ihren Füßen erblickten, gelobten sie, daß jedes des andern gedenken sollte, so oft sie ein solches Blümlein wiederfänden. Der Bursch zog in die Welt hinaus und kam nicht wieder. Aber als das Mädchen das inzwischen alt und grau geworden war, eines Tages iber das Feld ging, kam ein Greis mit langem, weißem Bart vorüber. Sie wollten fremd aneinander vorbei¬ gehen, doch da bückten sich beide gleichzeitig nach einer blauen Blume und erkannten sich daran wieder. In der Liebe ist die Wirklichkeit nicht minder poetisch als die Sage. So erscheint die wahrheitsgetreue Schil derung von der Ziebe des Erzherzogs Johann zu seiner Braut, der schlichten Fanni Plochl von Aussee, wie ein Märchen Der Sohn des Deutschen Kaisers und der Infantin von Spanien, der kühne Feldherr, der in manchen Schlachten gegen Napoleon auftrat, der spätere Reichs¬ verweser von Deutschland, auf den das Wort zurück geht „Kein österreich, kein Preußen, sondern ein einiges großes Deutschland, fest wie seine Berge!“ trat eines Tages am Ufer des dunkelgrünen Toplitzsees einem einfachen Landmädchen gegenüber. Ein weißes Kleis von Perkal, ein grünes Mieder, mit Goldbörteln ein¬ gefaßt, weiße Strümpfe und leichte Bundschuhe ein Dortuch von Seide bildeten die Kleidung, während ein Be grüner Zut das einfach geordnete Zaar bedeckte. war die Tochter des Postmeisters von Aussee, schlank gewachsen, in erster jungfräulicher Blüte, gamsauget die Fröhlichkeit der Jugend, gepaart mit großer Beschei¬ denheit. So hat der Erzherzog die Fanni selbst beschrie den. Ihre Liebesgeschichte ist ebenso kurz wie schön. Der Kaisersohn heiratete das Landmädchen, verzichtete auf den Glanz des Hofes und lebte mit ihr auf einem Bauerngut, dem Brandhof. Er schriel ihr, bevor sie einzog: „Ich fürchte, wenn meine liebe Ranni einrückt, dann wird mir die Welt vor Freude zu enge werden.“ Sie leb¬ ten glücklich bis an das Ende ihrer Tage, aber auch stets bedacht auf das Glück der an¬ deren. Ein anderes Ziebesmärlein aus Ober¬ donau hat keinen so schönen Schluß. Auch dieses handelt von einem Fürsten und einem Kind des Volkes. Der fürst ist einer von Nanette Wolf Geistes Gnaden, der große Dichter Vikolaus Marianne Willemer Büste von Karl Rauch Lenau, und sein Zerzenskind die Schulmeisterstochter von Gmunden Ranette Wolf. Lenau war damals noch ein Jüngling, aber er hatte schon die verzehrende Glut der Ziebesleidenschaft erfahren, sich dann, um diese zu verwinden, in die Arme der Wissenschaft geworfen, licht minder ungehemmt. Man fürchtete für seine Ge¬ sundheit und schickte ihn zu seinem väterlichen Freund dem Dichter Matthias Schleifer, der im Seeschloß Orth mTraunsee hauste. Lenau gesundete bald, bestieg voll Begeisterung den Traunstein, aber noch höheren Gipfel erreichte er, als er bald Tag für Tag die Gmundner Kirchengasse hinanstieg, zum Schulhaus. Dort wohnte eine geliebte Janette, die Tochter des barbeißigen Stadtschullehrers Johann Uepomuk Wolf. Ranette atte eine herrliche Altstimme, für die Schubert man¬ ches seiner Lieder schrieb. Er spielte oft mit ihr vier¬ händig und trat sogar in größerem Kreis öffentlich nit ihr auf. Lenau vermochte stundenlang dem Spiel ind Gesang des schönen Mädchens zu lauschen, das ebenso gern zuhörte, wenn der schwermütige Dichter ihr seine Derse vortrug. Binige von einen Gedichten galten der schönen Gmund¬ nerin, wie das „An meine Rose“: Frohlocke, schöne junge Rose Dein Bild wird nicht verschwinden Wenn auch die Glut, die dauerlose Verweht in Abendwinden... Durch den gestrengen Dater wurden die zärt ichen Bande jäh zerrissen. Janette wurde 10

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