(Kulturzeitschrift) Oberösterreich, 4. Jahrgang, Winter 1937, Heft 2

Verkündigung Lid,tbild: Josef Voglmayr Mariä und rechts die Darstellung Jesu im Tempel. Beide überaus farbensatten Bilder sind in das Innere eines gotischen Don1es. hineinkomponiert und man darf daran wohl die Formen des eben fertig gewordenen Passauer Dornes erkennen. Das rechtsseitige Bild ist fiir unsere Kenntnis der Geschichte des Gamperner Altares von aus– schlaggebender Bedeutung, denn hier ist im Vordergrund kniend, die Hände zum Gebet ge– faltet, an dem davor angebrachten großen Wap– pen unzweifelhaft erkennbar der Stifier des Altares abgebildet: Der Passauer Dompropst Wilhelm von Nothafft, aus dem Geschlechte derer von Weillenstein-Wernberg. So wie w:ir fiir den Kefermarkter Altar das Testament seines Stifters und für den Wolfganger Altar den .Bestellbrief und die Inschrift des Meisters kennen, so k ennen wir den für den Dritten im Bunde, den Flügel– altar in Gampern, den Stifter, einen durd1 viele Beziehungen mit Osterreich bekannten Passauer Domherrn und dürfen daraus wohl mit unfehl– barer Sicherheit auf eine der berühmten Passauer Werkstätten als Urspmngssfötte des Altares schließen, wenn ,vir auch ihren Namen nicht kennen. Nun lassen wir uns den geschlossenen Altar öffnen. Die zwei Flügel werden zurückgeschlagen und mit einem Male steht die ganze Herrlich– keit des Mittelsüickes vor unserem entzückten Geburt Cluisti Liclitbild: Josef Voglmuyr Auge. Im mittleren vertieften Raume, dem so– genannten Sduein, stehen auf reichgesduriQten Postamenten , überragt von zierlichen .Balda– chinen, die drei vol1plastisd1en Hauptfiguren des Altares in Lebensgröße, in der Mitte Maria, das segnende Kind auf der Linken, das Zepter in der Rechten, zwei Engel haben ihr die Krone aufs Haupt gese~t, red1ts von ihr der Patron der Gamperner Pfarrkirche, der hei lige Bisd10f Reniigius im vollen Ornat mit Buch und Stab, links neben ibr der heilige Arzt Pantaleon, einer der vierzehn Nothelfer, in der Linken ein Medizingefäfi und in der Rechten den langen Nag·el haltend, mit dem ihm im Martyrium beide Hände auf den Kopf genagelt wurden. Diese Figmengruppe, die noch mit reichem Schni~– werk in form von Weiiuanken und kleinen Heiligenfiguren eingerahmt ist, bildet so recht die _ zentrale Herrlid1keit des ganzen Altarwerkes. Die Madonna ist eine ,v1.mdersam edle Gestalt, aus dem lieblichen Gesicht leuchtet die be– seligende Gewißheit ihres unendlichen Glückes; wohlgeformt das Kind, ergreifend, wie es drei Fin~er der rechten Hand zum Segen e1nporhebt. Und stilistisch betradüet sehen wir auf den er– sten Blick - wir nähern uns der Zeit um 1500; die strengen Linien der fri.ihen Gotik sind iiber– wunden, rler Faltenwurf ist reich geworden, das Kind .ist fast völlig losgelöst von der Mutter, 23

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