800 Jahre Schlüsselhof - 80 Jahre Schlüsselhofsiedlung

23 Der Boden in den neu angelegten Gärten war anfangs oft nicht sehr ertragreich. Für Kunstdünger war aber kein Geld vorhanden. Um den Boden dennoch zu verbessern, wurde der vom eigenen Vieh anfallende Mist und aus Haushalts- abfällen gewonnener Kompost eingesetzt. Da es zu dieser Zeit keine Kanalisation gab, wurde das Abwasser aber auch die eigene Jauche in Senkgruben aufgefangen und von den Siedlern wieder auf die Gemüsebeete und unter die Obstbäume gebracht, was dann eine erfolgreiche aber auch „anrüchige“ Methode zur Ertragssteigerung war. Neben den vielen Obstbäumen säumten anstatt der heute üblichen Hecken lange Reihen von Ribiselsträuchern die Gartenzäune, von deren Erträgen die Hausfrauen den Jahresvorrat an Marmelade bereiteten. Manche Siedler produzierten aber auch den begehrten „Ribiselwein“! Fast jede Hausfrau beherrschte die Technik der Sauerkrautbereitung, und in manchem Garten könnte man heute noch als Dekorationsstück ein ehemaliges Sauerkrautschaff entdecken. Viele Raucher versuchten sich auch mit dem Tabakanbau . Das Ergebnis war der sog. „Eigenbau“, ein „fürchterliches Kraut“, wovon in den späteren Jahren der Kriegs-Bewirtschaftung sogar ein gewisser Teil abgeliefert werden musste. Gartengeräte mit Motorantrieb waren in den ersten Jahrzehnten noch gänzlich unbekannt. Die gängigsten Geräte waren Spaten, Haue, Rechen, Sichel und Sense. Rasenmäher, Heckenschere und alle heute üblichen Heimwerker- Maschinen kamen frühestens ab den 1960er-Jahren über die Schwelle des Gartentors. Und auch im Haus kamen erst nach Jahrzehnten Elektrogeräte wie Kühlschrank, Waschmaschine und Boiler an, da sie mit der bis um 1950 üblichen 110-Volt-Spannung schwer zu betreiben gewesen wären. In den Ställen aber auch in Holzschuppen hielten Nutztiere Einzug: Hühner, Kaninchen, Ziegen , meistens ein Schwein . In einem Siedlerhaus gab es in einem kleinen Anbau sogar eine Kuh ! Hühner hatten eine Überlebens-Chance, solange sie Eier legten. Danach wanderten sie zu Festtagszeiten in den Suppentopf. Zeigte in der ärgsten Notzeit ein Huhn Krankheitssymptome, wurde es noch schnell geschlachtet und verarbeitet, bevor es einging. Kaninchen wurden in der Regel nur bis zur Schlachtreife gefüttert. Eine Ziege im Haus sorgte für die nötige Milch-Zubuße, insbesondere ab den Kriegsjahren, in denen der Lebensmittelbezug fortlaufend problematischer wurde. Für die Tierhaltung musste natürlich ebenfalls das nötige Futter beschafft werden.

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