Josef Ofner - Die Eisenstadt Steyr

55 Stadtplatz (Stadtplatz Nr. 37), die schon 1344 erwähnt wird, die „niedere“ in der Enge und eine in der Nähe des Bürgerspitals (Badgasse Nr. 1). Im oberen Stadtbad, wo heute noch Reste dieser uralten Badeanlage zu erkennen sind, kam, wie schon erzählt, 1522 der große Stadtbrand zum Ausbruch. Die Meisterprüfung hatte der Badergeselle vor dem Stadtphysikus und den Badermeistern abzulegen, ebenso die Barbiere, die sich mit Bartscheren, Haarschneiden und Aderlassen beschäftigten. Sie mussten die für den Ader- lass günstigen Zeiten kennen, wobei Mondphasen und Tierkreiszeichen eine besondere Rolle spielten. Eine Apotheke befand sich vor 400 Jahren im Hause Enge Nr. 9. Wie sich hier der Geschäftsbetrieb gestaltete und welche Ausbildung von den Apothekern verlangt wurde, zeigt uns eine „Apotheker-Ordnung“ vom 4. De- zember 1577. Nicht an der Hochschule, sondern durch praktische Unterwei- sung in einer Apotheke wurde damals die Arzneikunst erlernt. Nach Ablauf der sechsjährigen Lehrzeit hatte der Lehrling vor approbierten Ärzten, einem Apotheker und verordneten Ratsherren eine mündliche und eine praktische Prüfung abzulegen. Die Voraussetzungen zur selbständigen Führung einer Apotheke wa- ren der Bürgereid und ein größeres Vermögen zum Ankauf von Arzneien. Vom Apotheker verlangte man größte Reinlichkeit, vor allem die Aufbewah- rung der Medikamente in sauberen Gefäßen. Die Zubereitung und Zusam- menstellung der Arzneien geschah unter Aufsicht des Arztes. In diesem Jahrhundert wurde unsere Stadt mehrmals von Infektions- krankheiten heimgesucht. Heftig wütete die Pest in den Jahren 1541/1542, 1569/1570 und 1584/1585. In solchen Zeiten trafen Magistrat und Stadtphy- sikus besondere Maßnahmen, die in einer „Infektionsordnung“ festgelegt wurden. Die älteste vorhandene Ordnung dieser Art stammt aus dem Jahre 1569. Für die infizierten Personen, die sich nicht unter das Volk mengen durf- ten, sorgten ein eigener Priester („Pestilentiales“), ein eigener Bader und vom Rate bestellte Pflegerinnen. Die oberste Aufsicht über alle Erkrankten wurde einer „betagten“ Amtsperson aus der Bürgerschaft übertragen, die wöchentlich ein Verzeichnis der Infizierten dem Bürgermeister vorlegte. Leute, die der Seuche erlagen, wurden außerhalb der Stadt begraben. In der Festzeit 1541/1542 bestattete man sie imWeichselgarten. Da aber die- ser Friedhof um 1569 nicht mehr ausreichte, und wie wir schon hörten, ge- gen die Steyr zu abglitt, ließ der Magistrat auf den Stadlhoffeldern am Tabor

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