Josef Ofner - Die Eisenstadt Steyr

45 Der in der Reformationszeit zur Unterstützung von Bedürftigen ge- stiftete „Gemeine Kasten“, der nach dem Steuerregister aus dem Jahre 1567 im Hause Berggasse Nr. 14 untergebracht war, unterstand ebenfalls dem Bruderhausverwalter. Ratsbürger und Handwerker Das Erstarken der Zünfte im 15. Jahrhundert führte in den Städten zu heftigen Auseinandersetzungen zwischen Ratsbürgern und Handwerkern. Auch in Steyr kam es im November 1506 zu einer Auflehnung des Handwerks wider den Rat. Unter Ulrich Prandstetters Führung verlangten ungefähr 180 gemeine Bürger und Handwerker unter anderem vom Rat die Neuregelung der Bür- germeister- und Richterwahl, die Bekanntgabe der Stadtfreiheiten sowie die Aufrichtung einer Ordnung, damit sich der Handwerker neben dem Bürger ernähren könne. Dieses Vorgehen hatte zur Folge, dass die „Aufrührer“ beim Kaiser verklagt und durch den Oberst-Hauptmann Wolfgang von Polheim die bevorstehende Bürgermeisterwahl eingestellt und eine Untersuchung einge- leitet wurde. Die Angeklagten wiesen bei ihrer Vernehmung darauf hin, dass sich die Ratsbürger mit dem Handel bereichern und den armen Handwerksmann ver- derben lassen. Als Beispiel führten sie Lorenz Gutbrodt an, der vor acht Jah- ren noch ein armer Diener gewesen sei und jetzt bei 8000 Gulden im Mes- serhandel verdient habe. Der Rat gab zur Antwort, dass jeder, der das Bür- gerrecht besitze „und 24 Pfund Pfennig anliegend im Burgfrieden habe, er sei Handwerker oder nicht, allen und jeden Handel mit Weinschenken, venedi- gischer Kaufmannschaft und anderen, wie es ihm nur gelüstet, treiben könne, wiewohl es besser wäre, der Handwerker bliebe bei seinem Hand- werk und der andere Bürger bei seinem Gewerb“. Diese Streitsache wurde auch durch eine Entscheidung des Kaisers nicht beigelegt und zog sich bis zum Jahre 1511 hin. Es wurden neuerlich Be- schwerden gegen die Ratsbürger erhoben. Messerer, Klingenschmiede und Schleifer beklagten sich, dass der gute Stahl aus dem Lande geführt, der schlechte und weiche dagegen den Werkstätten gelassen werde, folglich der Handwerker keine gute Arbeit leisten könne und daher verderben müsste.

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