Josef Ofner - Die Eisenstadt Steyr

23 In Burgfriedsangelegenheiten kam es später mehrmals zu Auseinan- dersetzungen mit benachbarten Grundherrschaften, so 1584 mit dem Klos- ter Garsten, 1606 und 1678 mit der Herrschaft Steyr. Richter und Rat Inhaber der städtischen Gewalt war ursprünglich die gesamte Bürger- schaft (die universitas civium). Sie trat als Gesamtheit nur bei besonderen Anlässen (Kriegsgefahr, Ratswahlen und dgl.) in Erscheinung. Die Zunahme der Verwaltungsgeschäfte erforderte aber zu deren Durchführung eine eigene, aus mehreren tauglichen Bürgern bestehende Körperschaft, aus der sich in der Folgezeit der aus sechs Mitgliedern beste- hende innere oder alte Rat entwickelte. Als sich das Stadtwesen vergrößerte, wurden weitere Bürger, die „Genannten“, zur Teilnahme an der Verwaltung herangezogen, die später den äußeren oder jungen Rat bildeten. In Steyr fin- den wir jedoch neben dem inneren und dem äußeren Rat noch im 17. Jahr- hundert die „Genannten“ in der Stadtverwaltung. Die Wahl der Ratsmitglieder wurde im Spätmittelalter am Sonntag vor dem St.-Thomas-Tag durchgeführt. Im 16. Jahrhundert wählten in den neuen Rat der Bürgermeister und der abtretende Rat sechs Mitglieder aus den Ge- nannten, Richter und Bürgerschaft ebenfalls sechs Bürger aus den zwölf alten Ratsherren. An der Spitze des städtischen Gerichts- und Verwaltungsbezirkes stand als Vertreter des Landesfürsten der Stadtrichter. Ein solcher wird in Steyr schon um 1180 erwähnt (Ulricus iudex de Styria). Nach dem Privilegium vom Jahre 1287 konnte die Bürgerschaft selbst den Richter wählen. Bis zum Jahre 1523 war er, von wenigen Ausnahmefällen abgesehen, nur zur Ausübung der niede- ren Gerichtsbarkeit berechtigt. Die hohe Gerichtsbarkeit (Blutgerichtsbarkeit, Blutbann) oblag dem Landrichter (Waldbot). Die Landgerichtsbarkeit besaß aber auch die landesfürstliche Herrschaft Steyr, die in der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts in die Landgerichte Hall und Steyr geteilt wurde. Ein Privilegium Herzog Albrechts vom Jahre 1378 hob die Jurisdiktion des Burggrafen oder Pflegers der Herrschaft Steyr über die Stadt auf. Trotz- dem dauerte es noch viele Jahre, bis in dieser Hinsicht eine Verständigung zwischen Burg und Stadt erzielt werden konnte. Im genannten Jahre verfügte

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