Rudolf Hittmair - Der josefinische Klostersturm

528 Rückgabe ihrer Ordenskirche, bzw. Ausscheidung der pfarrlichen Funktionen end- lich entgegenzukommen, ist auch die Erbauung einer neuen Pfarrkirche „zur hl. Familie" auf dem schon gekauften Grund beim Pfarrhof eingeleitet und hiezu ein Verein gegründet, damit der Ban durch Schwierigkeiten ans der Konkurrenzfrage nicht zu sehr behindert werde. Viele pfarrliche Funktionell (Taufen, Eheschließun- gen, selbst Funeralien) werden jetzt schon in der Kapelle des Pfarrhofes vorge- nommen. So ragen die Denkmäler des Josefinischen Klostersturmes allenthalben in die Gegenwart herein, Denkmäler der Gordischen Knotenkunst damaliger Jurispru- denz, die mehr und mehr verknüpfte und verwirrte, während sie lösen wollte — oder durchhauen? Das Durchhauen mag die Sturmeslaufbahn der Eroberung frei- geben, Herrschaft verleiht es nicht, Regieren ist es nicht. Machtsprüche sind oft nur der Ausdruck der Ohnmacht — Recht zu sprechen; und entsprungen dem Au- genblick äußerster Verlegenheit schaffen sie dann für die Dauer nur Verlegenhei- ten; fehlt der voraussehende Blick des Gesetzgebers, dann entstehen durch Dek- rete Provisorien. Und dieser Zug des Provisorischen, des Unfertigen, Ungeklärten haftet in kenn- zeichnender Weise dem, ja fast all dem an, was aus dem Josefinischen Kloster- sturm erstand, gewissermaßen auch der Gründung aller Josefinischen Gründungen auf dem Kultgebiet: dem Religionsfond. Im Artikel 31 des Konkordates vom Jahr 1855 ist er anerkannt als ein Kirchenvermögen, das der Staat verwalten soll unter der „Inspektion" der Bischöfe; wie sie diese auszuüben haben, darüber wird zwi- schen Papst und Kaiser ein Übereinkommen getroffen werden und ebenso über die Aufteilung in ständige kirchliche Dotationen; aber was „werden" wollte, ist noch immer nicht geworden! Trägt nicht au sich schon die Verwaltung eines Eigen- tums durch einen anderen den Charakter des Provisorischen an sich? und in wel- chem Rechtsverhältnis zur Kirche betrachtet sich der Staat bei der Verwaltung ih- res Vermögens? Und welches ist der materielle Bestand des Religionsfonds? Der Religionsfond war hauptsächlich Gedanke Josefs bei seinen Maßnahmen an den Klöstern; der Religionsfond ist entstanden ursprünglich, hauptsächlich, wenn auch nicht aus- schließlich aus Klostergut und darum zum Ende der Geschichte vom Josefinischen Klostersturm das letzte Wort dem Religionsfond: Im Staatsvoranschlag für das Jahr 1907 sind beim Religionsfond für Österreich ob der Enns präliminiert: Einnahmen 161.477 K; Ausgaben 480.331 K, dazu mit Verwendungsdauer bis Ende Dezember 1908: 27.200 K und außerordentliche Er- fordernisse 8667 K, zusammen 516.198 K. — Abgang: 354.721 K.

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