Rudolf Hittmair - Der josefinische Klostersturm

514 durch die Änderungen in der ökonomischen Verfassung nach 1848 überflüssig ge- worden. Dagegen wurde von den Gütern, an denen das Domkapitel die Nutznießung hatte, seitens des Religionsfonds aus der Baumgartenberger Herrschaft der Königs- wiesner Forst (Wald, Wiesen und Hutweiden im Gesamtausmaß von 542 ha 18 a 86 m) um 347.000 fl. an Ernst Herzog II. zu Sachsen-Coburg und Gotha am 15. Oktober 1888 verkauft. Da der Kaufschilling wenigstens teilweise in Realitäten angelegt wer- den musste, kam es zur Erbauung des Domherrenhofes in Linz; der Religionsfond kaufte von der Stadtpfarre Linz einen Grund per 1438.6 m um 10.000 fl. (19. Dezem- ber 1891) und zur Vergrößerung des Gartens um 1414 fl. einen Grund per 1 a 45.5 m vom katholischen Pressverein. Das Haus wurde um 102.728 fl. 62 kr. Ö. W. in unmittelbarster Nähe des im Bau begriffenen neuen Domes aufgeführt und am 19. Oktober 1894 eingeweiht. Es enthält Wohnungen für 5 Domherren; einer ist stiftungsgemäß Stadtpfarrer, ein anderer hatte regelmäßig Naturalquartier als Regens des Priesterseminars. Die 5 Domherren zahlen Wohnungszins, der unter die Kanoniker laudesfürstlicher Stiftung verteilt wird. So ist also der Domherrenhof das jüngste Stiftshaus in Linz, ein neues Baumgar- tenberger Stiftshaus — das alte war das erste, das fallen musste im Josefinischen Klostersturm. Die Dotierung des Bistums und Kapitels steht im innigsten Zusammenhang mit dem Josefinischen Klostersturm, weil die Güter des Religionsfonds, an welchen die Nutznießung angewiesen wurde, nur Klostergüter waren. Aus dem Religionsfond mussten aber auch die übrigen Josefinischen Gründun- gen dotiert werden, die neu errichteten Pfründen, die übrig gelassenen Mendikan- ten, Pensionisten, Seelsorger etc., sie alle bekamen vom Klostergut: Beiträge, Pensi- onen, Kongrua und Kongruaergänzungen, Geld und — alte Stiftmessen aus den Klös- tern (aber auch aus eingezogenen Benefizien, gesperrten Kirchen, aufgehobenen Bruderschaften). Die Dotierung mit Stiftungen wurde vielfach Untreue gegen die Toten, Härte ge- gen die Lebenden, der Regierung schwierige Verwicklung und arge Verlegenheit. Nach dem Bericht der Hofbuchhalterei vom 21. April 1796 hatte der obderenn- sische Religionsfond 26.769 Stiftmessen übernommen, von welchen 6222 gegen Sti- pendium per 30 kr. zur Persolvierung gegeben wurden, 20.547 pro stabili eingeteilt waren. Nach der kaiserlichen Entschließung vom 25. März 1802 wurden auf einen Kon- gruabetrag von 100 fl. 30 Religionsfondsmessen, bei geringeren Beiträgen für eine Summe von 3 fl. 20 kr. 1 Messe zur unentgeltlichen Persolvierung angewiesen. In welche Verwirrung Geistliche und Regierung mit den Stiftmessen aus den auf- gehobenen Klöstern kamen, zeigt sich beim Kloster Garsten. Dort hatte die Regie- rung 3 Gattungen von Stiftmessen vorgefunden: solche, die mit Stiftbrief und Kapital bedeckt waren, solche, zu denen Stiftbriefe vorhanden waren, aber kein Bede- ckungskapital, da sie fundiert worden waren mit Schenkung von Realitäten, endlich

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