Rudolf Hittmair - Der josefinische Klostersturm

440 Natürlich nahmen sie mit größtem Dank an. Unter dem 5. Dezember brachte die Oberin bei der Landesstelle zwei Kandidatinnen bittlich in Vorschlag; die Aufnahme blieb ihr „unbenommen" (Linz 10. Dezember 1790). Am 15. November ließ sich Leopold II. als König von Ungarn krönen. Die österreichischen Regimenter marschierten nach Luxemburg. Nach einer Nieder- lage der belgischen Armee am 24. September 1790 zogen die Österreicher am 3. De- zember in Brüssel ein. Am 10. Dezember wurde im Haag der Vertrag unterzeichnet, in welchem dem Kaiser der Besitz Belgiens garantiert wurde. Eine allgemeine Amnestie, die Wiedergebung der Verfassung, wie sie zur Zeit Maria Theresias bestanden, u. dgl. stellte den Frieden zwischen dem Kaiser und Belgien her. In diese energische, sichere Tätigkeit nach außen fügte sich des Kaisers Regierungs- arbeit im Innern ein. Unter dem 5. April 1790 überreichten die Stände eine alleruntertänigste Bittschrift, in welcher sie sich vorbehielten ihre Vorstellungen zu überreichen über die Beschwer- den, die daraus entstanden waren, dass „die ursprüngliche, nach der Lage, Beschaffen- heit und dem wahren Wohlstand unseres Vaterlandes ächt angepasste Landesverfas- sung, dann die zur Grundfeste glücklich bestimmten Pragmatikalgesetze und Gewohn- heiten ganz beseitigt und zernichtet und eine gar nicht angemessene Verfassung einge- führt worden ist". Ihre Vorstellungen und Bitten „schränken sie in vier Abteilungen ein". Im ersten Teil bitten sie, den Prälatenstand, welcher dem Staat so gemeinnützlich ist, in sein voriges Ansehen wiedereinzusetzen und den Stiften allergnädigst zu erlauben ihre Vorsteher wie vormals aus ihrem Gremio zu wählen. Sie bitten um Herabsetzung der so drücken- den Religionsfondssteuer und um Bedachtnahme auf die Wiederemporbringung von Er- ziehungshäusern für die studierende Jugend (Wien 5. Mai 1790). Die Stiftsgeistlichen hatten bereits Schritte getan um Wiedereinsetzung ihrer Stifte in den vorigen Stand. Eine Deputation von Kremsmünsterer Geistlichen hatte schonMitte April den Kaiser mündlich darum gebeten; ebenso zwei Zisterzienser von Engelszell am 1. Juni 1790. Letztere brachten als frohe Kunde zurück die Worte des Kaisers: „Weil Euer Klosterge- bäude und Kirche sich noch in aufrechtem Stande und Ihr Euch im ersteren wie auch in den dazu gehörigen Pfarreien zur Versorgung der Seelsorge noch versammelt befindet und von den Dominikal-Realitäten Eures Stiftes nichts veräußert worden, so dürft Ihr an Eurer Wiederherstellung keinen Zweifel tragen, sobald ich nur die ungarischen und deutschen Reichsangelegenheiten in Ordnung gebracht habe." Die erste wichtige kirchliche Entscheidung Leopolds II. war die Aufhebung der Ge- neralseminare. Die Generalseminare waren das größte Unglück, das Josef über die Kirche in seinen Staaten gebracht hatte; bezeichnend genug, dass jenes in Löwen ihm den Bürgerkrieg und den Verlust Belgiens brachte. Es soll nicht oft und oft Gesagtes wiederholt, nur für das Land ob der Enns hierüber dokumentarisch berichtet werden: Bischof Gall hat sich seine Priester aus dem Generalseminar gelobt. Was den Klöstern an der Jungmannschaft aus dem Geist des Generalseminars

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