Rudolf Hittmair - Der josefinische Klostersturm

416 figuriertes Amt gehalten. Für den ganz häuslichen Charakter der Feier zeugt es, dass kein einziger Prälat aus dem Land anwesend war, denn als vornehmster Gast wird der Prälat von Seitenstetten angeführt. Hierauf aber wurde die Sache so eingeleitet, dass der Prälat von Lambach wie von ungefähr kommen und dann der Abt, wie vereinbart, in seine Hände die Profess ablegen sollte. Wäre die Feier in Gegenwart des Bischofs gehalten worden, so hätte die Jubelpro- fess in dessen Hände abgelegt werden müssen; und das wollte vermieden werden, da- mit der kirchlichen Exemption des Ordens wenigstens nicht freiwillig durch einen Abt selbst auch nur im Geringsten präjudiziert werde. Im Jahr 1789 ging endlich die Akademie ein: lang genug war sie von der Regierung bekämpft, energisch von den Kremsmünsterern verteidigt worden, vom Abt Erenbert fast preisgegeben. Den Bürgern war auf ihr Majestätsgesuch (S. 320) beschieden wor- den, dass nur die Akademie, wo ständische Stiftlinge beisammen wohnten, nach Ver- wandlung der Stiftplätze in Handstipendien aufgehoben worden sei, die Lehranstalt aber noch fortdauern solle, so lange sich Schüler in genügender Zahl finden werden. Das Ende wurde aber rasch herbeigeführt: Mit Hofdekret vom 4. April 1789 wurde über Vorstellung Rottenhahns die Auflassung des juridischen Studiums in Kremsmüns- ter mit dem Ende des Schuljahres angeordnet und hiefür eine zweite Lehrkanzel in Linz errichtet. So verlief die letzte Sturzwelle im Klostersturm an Kremsmünster in sich selbst zu- sammenbrechend. Von dem Höhepunkt stürzt, verflacht die groß angelegte Haupt- und Staatsaktion trotz und mit allem von einem ungeschickten untergeordneten Organ so oft versuchten imposanten Aufputz in das Grotesk-Komische: die verblüffte Landesre- gierung sieht sich nun zwei Kremsmünsterer Prälaten gegenüber und einem Prior; aus den Zügen ihres Abbé Commendataire blicken ihr entgegen die nur zu bekannten eines „Einsiedlers" und nun hat sie den Kremsmünsterischen Geist in drei Häuptern — sich selbst geschaffen. Dass der Abbé Commendataire, der durch Grundsätze und Verwaltung in der Admi- nistration des Stiftes Lilienfeld gewiss sich der höchsten Stelle wohl erprobt haben musste (denn sonst wäre seine Berufung nach Kremsmünster nicht erfolgt), dass auch dieser Mann in den Wirtschaftsfragen alsbald dieselbe Haltung einnehmen musste wie der abgesetzte Prälat, das war eine bedeutungsvolle Rechtfertigung für den abgesetz- ten Prälaten und wohl auch für andere Stiftsvorsteher, für die Regierung ein schlimmes Zeugnis. Das Glockenklingen, das den feierlichen Einzug des Regierungs-Abbe in Kremsmüns- ter wie einen Triumph der Regierung ankündete, war doch nur ein Abendläuten — dem krassen Josefinismus. Manch Gutes war im Sturm erstanden, manch Schlechtes gebro- chen und zersplittert. Und er, der alles wohl gut gemeint hatte, er war auch gebrochen und am Abend seines Lebens. Ihm war fast alles zersplittert unter der Hand, was er in Angriff genom- men, und mit Entsetzen sah er, wie er niedergerissen hatte, wo er hatte erbauen wollen.

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