Rudolf Hittmair - Der josefinische Klostersturm

266 hinauszugeben; bei jeder dem Stift einverleibten Pfarre ist nebst den gewöhnlichen Zechpröpsten ein weltlicher Vogteikommissär zu bestellen, die Kirchenrechnungen, un- terfertigt auch von: Vogteikommissär, müssen alljährlich der Buchhalterei vorgelegt werden. Der Prälat hat dem Rudolf Graser, was diesem am Fassionsmäßigen etwa noch mangelt, beizulegen: auf anderweitige Unterbringung dieses Geistlichen ist nach Maß seiner Fähigkeiten Bedacht zu nehmen, inzwischen darauf zu sehen, dass derselbe Von- seiten seines Stiftes gegen Recht und Billigkeit nicht gekränkt werde. Prälat und Konvent sind hinsichtlich der Verhandlungen an Regel und Verordnungen anzuweisen. Zur Pub- likation der landesfürstlichen Verordnungen sind die Geistlichen zusammen zu berufen. In Ansehung des Kernsteinsalzes hat es bei Beschehenem derzeit zu beruhen. Den Benediktinerinnen zu Niedernburg wurde mit Hofkanzleidekret vom 27. Feb- ruar 1785 bewilligt den Beichtvater aus dem Stift Kremsmünster zu behalten gegen dem, dass sie ihn aus eigenen Mitteln versorgen. Der Schullehrer von Hall machte sich der Regierung allmählig sehr lästig; er mischte sich in die Pfarreinteilung allzu sehr ein; um mehr Schulkinder zu bekommen, betrieb er Umpfarrungen gegen den Willen der Leute, und weil nicht alle Häuser, die er wollte, nach Hall eingepfarrt wurden, schrieb er beißend und anzüglich wider sein Kreisamt. Die Regierung bedrohte ihn, dass, wenn er sich hinfüro nicht an sein Schulfach allein halte, und wie es seit mehreren Jahren geschah, sich in Pfarreinteilung und andere Geschäfte zu mengen erkühnen sollte, man beim ersten Rückfall ihn seines Amtes entsetzen werde (Linz 23. Mai 1787). Die Anzeigen über Untertanenbedrückung wurden dem Antrag der Regierung gemäß in die allgemeine Untersuchung überwiesen. Diese und die Prozesse dauerten Jahre lang fort. Vertreter der Untertanen war Krakowitzer, die Verteidigung des Stiftes und seiner Beamten wurde dem Pfleger zu Oberachleithen Grinzenberger übertragen. Es wurde ihm zum Vorwurf gemacht, dass er durch zu große Weitläufigkeit in seinen Satzschriften dem Krakowitzer zu noch mehreren und tieferen Grübeleien in den Protokollfächern Anlass gab. Die Geschichte des Josefinischen Klostersturms wird bis an das Ende der Regierung des Kaisers fortschreitenmüssen, bis sie an das Ende dieser Prozesse gelangenwird, deren Abschluss auch die letzte Kloster-Katastrophe unter Josef II. darstellt. Die feindselige Geringschätzung der Stifte von oben her wirkte gründlich nach un- ten. Das Ansehen der Stifte brach zusammen. Der Kredit sank. Und wie sehr bedurften die Stifte des Kredites! Die Einkünfte ihrer Herrschaften waren bedeutend gemindert durch die Herabsetzung der Protokollgefälle, die Auslagen erhöhten sich außeror- dentlich durch die Errichtung und Erhaltung neuer Pfarren und Schulen. Im Jahr 1785 begann die Grundsteuerregulierung, die Vorarbeiten erheischten große Opfer; sie lie- ßen aber überdies noch ahnen, welche wirtschaftlichen Umwälzungen kommen wür- den, und diese Ahnung schon mochte den Stiften von Schaden sein. Dazu immerfort Maßregeln an den Stiften, aus denen offenbar wurde, wie unsicher ihr Rechtsbestand von einem Tag auf den andern war, keines war sicher vor Aufhebung. Die beständigen Aufregungen, Erwartungen, Änderungen machten auch die nicht Feindseligen großen- teils gleichgültig, ja die Stiftsgeistlichen wurden es vielfach selbst. Das Vertrauen schwand allseits. Private kündeten ihre Kapitalien. Woher sollte das Stift Geld nehmen? Die Regierung drängte unaufhörlich auf Veräußerung der Liegenschaften; so musste

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