Rudolf Hittmair - Der josefinische Klostersturm

194 Auflösung. Der Aufhebungsbericht ist datiert vom 29. Oktober 1784. Die Aufhebung wurde den Franziskanern verkündet in Gegenwart des „Schutz- und Stiftsherrn", des Generals Ru- dolf Graf von Salburg. Der Guardian Dionysius Knodt, „ein rechtschaffener und bescheidener Mann", hatte selbst erklärt, dass das Kloster unmöglich länger bestehen könne. Er und sämt- liche Priester hatten geklagt über die Laienbrüder, deren bei diesemKloster beinahe so viele waren als Priester. Der Provinzial wurde aufgefordert sich sofort zu äußern, wohin er die zu Reduzierenden unterbringen wolle; vorläufig sollten sie, wenigstens großenteils, bis zur gänzlichen Reduk- tion in Pupping untergebracht werden, wo nach Aussage des Greiner Guardians früher bei 40 Franziskaner gewesen waren. Dort sollten sie vom P. Guardian ab 1. Jänner 1785 ihren Unterhalt empfangen. Von den zur Seelsorge tauglichen Patres nahmder bei der Aufhebung anwesende Propst von Waldhausen sogleich einen Priester und der Greinerische Stadtpfarrer wollte auch 2 als Hilfspriester zu sich nehmen. Die wenigen alten Patres und 2 Laienbrüder sollten noch über Winter ausMenschlichkeit imKloster belassenwerden, Naturalvorräte waren für sie so viele vorhanden, dass sie hiemit durch 2 Monate (November, Dezember) weder eine Pension noch eine Sammlung brauchten, die ohnedies in diesem Distrikt nichts trug, zumal Pupping das ganze übrige Land absammelte. Die bisherigen „geistlichen Väter" der Franziskaner, nämlich der Beamte der Vogtherr- schaft Greinburg und der Stadtrichter und Schiffmeister Angerer, wurden nach ihrem eige- nen Anerbieten zur Besorgung der Temporalien aufgestellt. Die Inventur wurde errichtet, die Preziosen samt Silber und Paramentenwohl verwahrt. Über Ansuchen des Pflegers der Herrschaft Greinburg wurde bewilligt, dass die Patres erst im Frühjahr das Kloster räumen sollten. Übrigens hatten sich der Stadtrichter und die be- scheidene Gemeinde geäußert, dass, wenn der Stadtpfarrer 2 Hilfspriester nähme, sie das Franziskanerkloster ganz wohl entraten würden. Die nötigen Paramente und Kirchengerät- schaften wurden noch in Grein belassen, doch sollten die Preziosen, das übrige Silber, wel- ches bei nach und nach sich minderndem Personal nicht mehr so sicher in dortiger Gegend verwahrt werden könnte, in das Depositarium nach Linz geschafft werden (Linz 24. Novem- ber 1784). „Unter den vorhandenen Preziosen ist auch die sogenannte hl. Rute, mit welcher unser Erlöser soll gegeißelt sein worden, in Silber gefasst. Diese Rute wurde 1. selbst den Franzis- kanern nicht erlaubt auszusetzen, sondern in der sogenannten Lorettosakristei zur Vereh- rung aufbewahrt und vorgezeigt; 2. ist keine Authentik und keine bischöfliche Erlaubnis da- bei; 3. ist nur eine traditio vulgaris, dass es ein Teil jener Rute sein soll, welche zuWien in der kaiserlichen Schatzkammer ist, und wovon also dieses Stück vor vielen Jahren den Franziska- nern soll geschenkt worden sein; 4. ist es keine Rute, sondern einer solchenMaterie ähnlich, aus welcher die Kleiderbürsten gemacht werden, weswegen auch der bescheidene Pater Sonntagsprediger geäußert, dass Christus dem Herrn, der doch schmerzlich gegeißelt wor- den, kein Streich mit einer solchen Rute würde wehgetan haben. ... Es ist diese Rute ... in das Depositarium samt den übrigen in Silber und Gold gefassten Reliquien einzuliefern, welches auch gar kein Aufsehenmacht, weil selbst die Leute in Grein in der Meinung sind, die hl. Rute könne nirgends andershin als in die kaiserliche Schatzkammer transferiert werden." (Eybels Bericht.)

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