Rudolf Hittmair - Der josefinische Klostersturm

166 Mauthausen hatte sie bei einer Versteigerung erstanden ; dessen Familie über- gab die Uhr einem Arzt als Honorar, nach dessen Tod kam sie durch Kauf in den Besitz des genannten Chorherrn. Dass das Stiftsgebäude der Einrichtung völlig entledigt worden ist, kann geschlos- sen werden aus dem Inventar zur Übergabe der Stiftsherrschaft an das Domkapitel. Die Bibliothek, zu der ein unverlässlicher Katalog vorhanden war, wurde vom Hofrichter sogleich nach Linz überbracht. Der Transport kostete 190 fl. 24 kr. Aus dem unter dem 10. August 1786 nach Wien gesendeten Katalog wurden mehrere Bücher zur sofortigen Einschickung an die Hofbibliothek befohlen. Handschriften aus Baumgartenberg finden sich auch in der Studienbibliothek zu Linz. Große Verlegenheiten bereitete der Regierung die Verwaltung oder Verwertung der Stiftsgebäude. In der Sitzung vom 5. November 1784 wurde darüber verhandelt. Die geistliche Filialkommission hält dafür, dass das starke und gut gebaute, mit vielen gewölbten und großen Räumlichkeiten versehene Gebäude, durch das der nahe Bach vermit- telst eines bereits vorhandenen guten Kanals geleitet werden könne, sehr geeignet sei für eine Fabrik, besonders auch wegen der nahen Lage an der Donau, welche nicht nur die Zufuhr des Materiales und Abfuhr der Waren erleichtere, sondern auch die Verbindung mit Steyr ermögliche. Am nahen Naarnfluss könnten Schmieden und Hämmer angelegt werden, in Baumgartenberg selbst eine Nürnberger Warenfabrik, Holz wäre leicht und wohlfeil in der Umgebung zu bekommen. Übrigens könnte das Gebäude auch zu einer Tabak-Fabrik und -Niederlage verwendet werden. Die Landesstelle stimmt dem bei; denn bis nicht die verschiedenen Giebigkeiten und Verbindlichkeiten zwischen Herren und Untertanen vollkommen durch die neuen Rektifikationen geordnet wären, würde sich kaum ein Käufer finden; der Re- ligionsfond würde durch Herschenkung des Gebäudes wenigstens von der Herhal- tung befreit. Die Religionsfondsherrschaft Baumgartenberg würde auch gewinnen durch Niederlassung der Fabrikanten, die ihre Zehrung daselbst nähmen. Auf die Durchleitung des Mühlbaches wäre allerdings nicht viel zu rechnen, hätte doch die beim Stift vorhandene Mühle außer Gang gesetzt werden müssen, um die Perger Au auszutrocknen; ein Gebrauch der Mühle würde Überschwemmung für die Au be- fürchten lassen. Sollte aber ein Fabrikant eines Wasserwerkes bedürfen, so ließe sich selbes leicht am Bach, aus dem der Mühlbach das Wasser erhält, 1/4 Stunde von Baumgartenberg entfernt (bei Mannsdorf) errichten. Mit allerhöchster Genehmigung wurde in Zeitungen kundgemacht, dass der Kai- ser geneigt sei die Baumgartenberger Stiftsgebäude an jedermann, der eine Fabrik anzulegen beabsichtige, unentgeltlich zu überlassen, wobei überdies noch der Reli- gionsfond die Herhaltung der weitläufigen sarta tecta übernehme. Das Gebäude wurde der Tabakgefällsdirektion, welche im Land ob der Enns eine Fabrik zu errichten willens war, angetragen, aber von dieser abgelehnt. Es meldeten sich einige Bandfabrikanten aus Köln und Erfurt, doch kam es nicht zur Übernahme. Die Errichtung einer Berchtolsgadner Holzwarenfabrik schien dem Kaiser nicht vorteilhaft zu sein. Die Anfertigung derartiger Waren sollte ein bloßer Nebenver- dienst der Bewohner waldreicher Gegenden sein. Der Kaiser gewärtigte von der

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