Rudolf Hittmair - Der josefinische Klostersturm

139 Der Kaiser hatte die von Graf Buguoy auf seinen Herrschaften in Böhmen 1779 eingeführte Armenversorgung mit Entschließung vom 2. Juni 1783 „in Österreich nicht nur allein in der Stadt Wien, sondern auch im ganzen Land" eingeführt und zur Besorgung dieses Armeninstitutes die „Versammlung der thätigen Liebe des Nächsten" geschaffen; alle anderen Bruderschaften wurden aufgehoben (Wien 9. August 1783). Mit der Einführung des Armeninstitutes wurde auch im Land ob der Enns sofort begonnen: in Linz geschah sie amMariä Namensfest 1784. Zur feierlichen Einführung der neuen und einzigen Bruderschaft der tätigen Liebe des Nächsten wurde für Linz der gleiche Festtag 1786, für die Pfarren auf dem Land der erste Sonntag des Win- termonates 1786 bestimmt mit Konsistorialerlass dd. Linz 28. August 1786. Obwohl alles Mögliche geschah, um das Armeninstitut und die Versammlung der Liebe des Nächsten zu fördern, verhielt doch das Volk sich kühl gegenüber diesem bureaukratischen Liebeswerk. Der Klerus ließ es an Bemühungen für das Armeninsti- tut nicht fehlen: allüberall wurde für dasselbe von Dilettanten Theater gespielt, auch die Prälaten stellten die Bühnen in den Stiften zur Verfügung, vor allem der Prälat von Kremsmünster das berühmte Theater seines Stiftes. Er wies für das Armeninsti- tut eine wöchentliche Spende von 20 fl. an. Bemerkenswert ist, dass die „Spenden" (vgl. S. 37) der innviertlerischen Stifte dem Armeninstitut zugewendet wurden; die Anordnung von Zuchthausbeiträgen hatte sie, da sie damals noch unter bayrischer Herrschaft standen, nicht betroffen. Beim Stift Reichersberg gab es drei Spender- tage: am Todestag des Stifters Wernher wurde allen an der Klosterpforte sich einfin- denden Armen ohne Unterschied ein Stück Fleisch und ein Laibl Ausspeisbrot gege- ben, an zwei anderen Jahrtagen Brot. Nach Einführung des Armeninstitutes wurde die Austeilung an den Spendertagen eingestellt und dafür jährlich 50 fl. dem Armen- institut und täglich an 10 bis 12 Pfarrarme 1 oder 2 Paar Brote gegeben. Die Regierung ging jedoch in Rücksicht auf die allenfalls bevorstehende „Ausei- nanderlegung" des Stiftes Spital nicht auf den Antrag des Propstes ein und es wurde ihm nebst Belobung seines rühmlichen Unternehmens mitgegeben, mit der Ausfüh- rung seines Vorschlages bis zur allgemeinen Pfarreinteilung zu warten. Dem Kaiser aber bezeichnete die Regierung die Säkularstifte Spital am Pyhrn und Mattighofen, die Regular-Chorherrenstifte St. Florian, Waldhausen, Ranshofen, Su- ben und Reichersberg und auch das Prämonstratenserstift Schlägl als solche, über welche man nach kaiserlicher Entschließung vom 9. Februar 1784 die weitere aller- höchste Resolution erwarte, ob diese Stifte durch ordentliche Aufhebung oder auf eine andere Art zur Dotierung der neuen Pfarren verwendet werden sollen. Eine besondere Entscheidung darüber erfolgte nicht mehr: sie war bereits gege- ben mit der „Allerhöchsten Entschließung: Die Pfarreinteilung und Klosterregulie- rung betreffend" dd. Wien 6. März 1784. In dieser wurde der Regierung Ausstellung gemacht, dass sie von dem eigentli- chen Sinn der ihr mitgeteilten Direktivregeln vielfältig abgewichen sei, manches Will- kürliche und Übertriebene in die Vorschläge eingemischt, insbesondere in der Belas- tung oder Aufhebung der Stifte und Klöster sich willkürlich benommen habe; „man

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