Hintergebirge - Beschreibung eines Kampfes

Stimmen aus der Bürgerinitiative und von Kraftwerksgegnem (zitiert aus; Kumpfinüller, Ometzeder, Riener: Schluchten. Eine soziologische Gratwanderung) „Angefangen hat das ganze wirklich erst dadurch, daß wir eben erfahren haben, da hat man vor, daß ein Kraftwerk gebaut wird. Da hab ich mir vorher noch gar net so viel dabei gedacht, weil ich mir gedacht hab,so ein kleines Laufkraftwerk, naja, das werden wir schon verschmerzen. Erst wie die Pro jektbeschreibung dann kommen ist, da bin ich ei gentlich ziemlich nervös worden..." „...und dann hab ich mich mit ein paar Leuten zu sammengeredet, mit Freunden von mir und dann haben wir halt gesagt,ja irgendwie müssen wir da eine Gruppe gründen oder einen Verein oder so, du kannst ja nicht immer als Einzelperson auftre ten...da müssen wir eine Bürgerinitiative gründen. Wir sind auf die Idee gekommen „Basisgruppe - Schützt das Hintergebirge", weil im Wehrgraben in Steyr hat es einen Verein Basiskultur gegeben und der hat irrsinnig gute Sachen gemacht, Kulturver anstaltungen - und da hat man gemerkt, da sind alle Leute dabei, nicht nur die Kulturfreaks, sondern auch die einfachen Leute im Wehrgraben, und das hat uns irrsinnig getaugt, da haben wir gesagt, ma chen wir auch eine Basisgruppe. Und auf einmal sind wir zu einer Sitzung gefahren und da kommen wir rein und da war der ganze Saal voll von Leuten. Dann ist halt einer aufgestanden, der hat schon ein bißchen Erfahrung gehabt mit Gruppen, der war von der Arbeiterjugend von Losenstein einer, der hat gesagt, naja, wir können zwar jetzt recht gut reden, aber es muß uns klar sein, wenn wir dagegen agitieren wollen, dann heißt das ein Jahr gescheite Arbeit, und wer ist bereit, ein Jahr Arbeit hineinzu stecken in das ganze. Das war im Jänner 1983 und da haben wir durch die Bank eigentlich alle gesagt, ja, das wollen wir tun, ein Jahr lang volle Arbeit. Ja, und dann ist es halt losgegangen und das war ganz wichtig, daß wir uns intern total aufgebaut haben, ich meine, das warja eher eine triste Stim mung, zwar Aufbruchsstimmung, aber wir haben gesagt, ob wir das Kraftwerk verhindern könne, das weiß man nicht...aber man soll merken, daß da eine Opposition war und da ist. Das hat sich dann so entwickelt, wir haben Flugblätter geschrieben, pla katiert...das war immer eine gute Sache, weil da kommt man zusammen, das ist was, das verbunden macht..." „Ich bin politisch erwachsen geworden da drinnen, das war meine erste und ziemlich kräftige politische Handlung..." „Blöd angeredet sind wir zur Genüge worden, das ist uns oft passiert, solche, die ich vorher schon gekannt habe, die haben auch gesagt, nein, daß du dich mit denen abgibst, aber man muß wissen, was man tut, ausgemacht hat mir das weniger..." „Die negativen Reaktionen waren ja hauptsächlich im Ort und das waren ja Leute, von denen ich ge wußt haben, daß sie eigentlich nicht überlegen, was sie tun...Es hat mich sehr irritiert, ich habe die Öf fentlichkeit gemieden, bin wenig einkaufen gegan gen, hab mirs sogar schicken lassen in den ärgsten Zeiten von meinem Greißler, hab das Haus kaum verlassen...hab mich nirgends gezeigt, um dem auszuweiche, das waren ja echte Feindschaften und Gemeinheiten..." „Einmal ist es mir passiert, daß mir so ein halb wüchsiges Mädchen mit einem kleinen Kind aufder Straße begegnet sind, und das kleine Kind sagt 'Grüß Gott'zu mir, und das Mädchen sagt 'na, die brauchst netgrüßen, weil das ist eine Grüne'..." „Da bin ich einmal ins Gemüsegeschäft gegangen, und vor dem Haus hat mich eine alte Frau gefragt, wie es denn steht da drinnen bei der Besetzung, und ich sage,ja, geht uns eh recht gut, und dann bin ich hineingegangen ins Geschäft, dann ist sie herge kommen zu mir, hat mir einen Geldschein in die Hand gesteckt, so ganz heimlich hat sie gesagt 'Kaufens Ihnen a bißl a Obst', und dann ist sie schnell wieder weggegangen..." „Am Anfang, wenn man gesagt hat, man ist gegen das Kraftwerk, dann war man im schlimmsten Fall ein lieberMensch, aber nichtganzgescheitim Kopf, und heute gibt es Leute, die klopfen dir auf die Schulter und sagen, du hast es damals gesehen, ich nicht." 56

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