OÖ. Heimatblätter 2011 Heft 1/2

74 Grabkreuze und Entwürfe für Schmiedeeisen Professor Hans Gerstmayr erlangte große Bedeutung nicht zuletzt durch eine Erneuerung der Kunst der Herstellung schmiedeeiserner Grabkreuze, wobei er an die hochentwickelte heimische Grabkreuzschmiedekunst der Barockzeit anknüpfte. Seine Schöpfungen verbinden im Regelfall Treibarbeiten in Kupfer mit dem geschmiedeten Eisen. Geschätzt 150 Grabkreuze in mehreren Bundesländern, vor allem aber auf den Friedhöfen von Naarn, Mauthausen und Steyr,51 geben Zeugnis von der Höhe der fünften Deutschen Münzforschertagung imAugust 1928 inWien zu ermöglichen. Für die Stempelsammlung des Hauptmünzamtes schnitt er drei Stahlprägestempel einer Portraitmedaille in drei Stadien des Arbeitsvorganges.47 1929 folgten, im Auftrag von Eugen Amreich (1912–1931 Abt des steiermärkischen Zisterzienserstiftes Rein / † 28. 2. 1940), die so genannten „Reiner Gnadenschlüssel“ zum 800-jährigen Jubiläum der Klostergründung.48 Zu Gerstmayrs hervorragendsten Stahlschnittarbeiten gehört das für die Bundeslehranstalt in Steyr gefertigte Schwurkreuz: Vom dornenumwundenen Antlitz des Erlösers im Kreuzpunkt der Balken gehen zarte Strahlen aus, die Kreuz-Inschrift gibt die Zusage Jesu Christi „Ich bin die Wahrheit“ wieder.49 Die Vollendung des 1937 in Auftrag gegebenen, elf Zentimeter hohen Stadtsiegels von Steyr fiel ins Jahr 1939. Annähernd in dieselbe Zeit datiert der Entwurf einer Ehrenkette aus Stahl für das Linzer Stadtoberhaupt, der jedoch nicht zur Ausführung gelangte.50 1947 entstand ein Stahlanhänger für den Nationalrat und ehemaligen Bürgermeister von Bad Hall Hans Hager. Bereits 1930 mit dem Berufstitel Professor ausgezeichnet, nahm Hans Gerstmayr 1949 Abschied von seiner aktiven Berufslaufbahn. Seinen fast vier Jahrzehnte währenden ‚Ruhestand‘ verbrachte er als weitum bekannte und anerkannte Künstlerpersönlichkeit in seiner Wohngemeinde Mauthausen und nutzte die neu gewonnene Zeit bis ins hohe Alter zu künstlerischer Aktivität. 47 Watzinger (1982a), S. 124 und Lettner (1985), S. 7. 48 Ein Exemplar befindet sich in der Sammlung für Münzen, Medaillen und Geldzeichen des Kunsthistorischen Museums in Wien, Inv.-Nr. 19.148/914B. 49 A. S. (1937), S. 22 (mit Abb.); Lugmayer (1959), S. 57 (mit Abbildung 70); Watzinger (1982a), S. 101 (mit Abb.) und Lettner (1985), S. 19, Nr. 53. Dieses Schwurkreuz steht in der Direktion der HTL Steyr bis heute zur Ableistung des Diensteides in Verwendung. 50 Der Entwurf befindet sich im Archiv des HansGerstmayr-Museums im Schloss Pragstein in Mauthausen. 51 Zwei publizierte Beispiele unter den vielen hervorragenden Werken dieser Art sind das auf dem Taborfriedhof in Steyr befindliche Grabkreuz für den jungen Polizisten Hans Preiner (* 23. 7. 1909), der während des Bürgerkrieges am 12. Februar 1934 in Ausübung seines Berufes in Linz sein Leben lassen musste, mit einem besonders schönen, in Kupfer getriebenen Portraitbildnis, das sich durch die für das Portraitschaffen Gerstmayrs kennzeichnende besondere Lebendigkeit auszeichnet, sowie das Grabkreuz für Fräulein Cäcilia Hiegelsberger (* 1879, † 1926) mit einem in Kupfer getriebenen, dornenumwundenen Herzen Jesu als zentralem Motiv, um das vier weitere Kupfertreibarbeiten, bezugnehmend auf die Mitgliedschaften der Verstorbenen bei der Marianischen Jungfrauenkongregation, bei der Schwesterngenossenschaft vom Herzen Jesu und beim Kirchen-

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