OÖ. Heimatblätter 2011 Heft 1/2

51 – von einem Vorfall besonderer Art berichtet, der zwar im Stil der klassischen Volkssage beginnt, dann aber, vor allem für die Beteiligten selbst, eine unerwartete Wendung nimmt. Adalbert Depiny schildert dies in seiner bekannten Sagensammlung so: Zwei Holzknechte schnitten einen Baum um. Der eine sagte ungeduldig: „So fall doch endlich um.“ Der andere erwiderte: „Sag doch wenigstens dazu: Wenn es Gottes Wille ist.“ Der eine Holzknecht aber meinte: „Das ist mir ganz gleich, ob es Gottes Wille ist oder nicht.“ Darauf fiel der Baum wirklich um und erschlug den Holzknecht, der gelästert hatte. Der andere trug die Leiche zur Hütte und deckte sie mit einem Kotzen zu. Bis hierher präsentiert sich die Erzählung als klassische Frevler-Sage, in der das begangene Unrecht gesühnt werden soll und muss. Dann aber passiert Folgendes: Nach einer Weile bemerkte er [der andere], daß die Leiche an dem Kotzen herumriß; hatten nichts gemein mit dem geläufigen Pentagramm, sondern waren lediglich schlichte Kerben im Strunk (+ + +), denen oft die Initialen des Holzknechtes beigefügt waren. Die Kreuze hatten zweierlei Sinn: Zum einen sollten sie allgemein vor Unbill schützen, zum anderen galt ein derart gezeichneter Baumstock den armen Seelen als Rastplatz, wenn sie von der „Wilden Jagd“ durch die Raunächte getrieben wurden. Doch nicht nur das Fällen sowie der Abtransport der Bäume an sich bargen Bedrohungen für Leib und Leben, auch manche damit einhergehende Begleitumstände machten das Dasein der Holzknechte gefahrvoll. Da gab es neben der erwähnten „Wilden Jagd“ Feen und diverse „Bergweibl und -manndl“, die nach altem Volksglauben im Wald lauern konnten. Wenn dazu noch der Tod aus den eigenen Reihen kam, schützte auch ein Drudenfuß nicht mehr. So wird in Ebensee – erstmals aufgezeichnet 1928 Abb. 5: Das „Riesn-Gschroa“. Aufgezeichnet 1930 von Hans Gielge in Kreuz. Aus: Klingende Berge Nr. 20

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