OÖ Heimatblätter 2010 Heft 3/4

193 sondern als „Schriften eines Deutschen“. Die Handlung beginnt, wie bei Goethe, in der Studierstube des Faust; es folgt eine Szene im ‚Großen Beratungssaal der Internationalen Abrüstungskonferenz’, im dritten Bild befindet sich Faust wieder im Studierzimmer und vollendet eine Skizze, die „einen kindlichen Genius mit großem Beethovenkopf und denWundmalen der Kreuzigung darstellt, der den vomRhein aus den Erdball spaltenden Riss der Völkerentzweiung liebevoll zu heilen sich bemüht“.101 Damit ist der Entwurf für die Stahlplastik „Deutsche Zukunft – Menschheitszukunft“ angesprochen. Blümelhuber identifizierte in dieser Dichtung seine eigene Person zur Ausstellung vollendet sein möge.98 Vier Tage später, am 28. Juni 1914, wurde der Thronfolger in Sarajewo ermordet, die geplante Groß-Präsentation damit hinfällig. Im August und September 1915 besichtigte Blümelhuber in Begleitung einer ungenannten, hochgestellten Persönlichkeit99 die Front. 1916 erschien dann im Wiener Reißer-Verlag die erste Auflage seines Gedichtbandes „Weltenwende“ mit dem Untertitel „Stimmungen, Visionen und Wirklichkeit – Meine Eindrücke aus dem Weltkriege“. Am25. Oktober 1927 sandteMichael Blümelhuber an den Vizebürgermeister von Steyr Dr. Hubert Messenböck ein Schreiben mit Vorschlägen zum Ersatz von Brücken mit Eisenkonstruktion durch solche mit Bogentragwerk und verwies auf seine in diesem Zusammengang bereits hergestellten Kontakte zu Landeskonservator Dr. Erwin Hainisch und zum Präsidenten des Bundesdenkmalamtes Hofrat Dr. Fortunat SchubertSolden.100 Dichter und Visionär Michael Blümelhuber betätigte sich wie gesagt immer wieder auch als Poet und Schriftsteller. 1898 erschien der Gedichtband mit dem Titel „Sei! – freier Gedanke, / Der nichts erbittet – / Das Heute erfassend / Dem Guten gewidmet“, 1916 die bereits genannte „Weltenwende“, 1921 das Bändchen „Walhall in Brand – Aufgesänge aus deutscher Not und neue deutsche Weihelieder“, 1932 „Jung Faust an die Menschheit – Neue deutsche Freiheitslieder und Sinngedichte“, nicht unter dem Namen des Verfassers, 98 Dr. Eduard Leisching war von 1909 bis 1925 Direktor des Österreichischen Museums für Kunst und Industrie, des heutigen Museums für angewandte Kunst, in Wien. Der Brief von Direktor Dr. Leisching (mit der Zahl Nr. 681/M.) findet sich im Bauakt. Die „Kulturwaffe Lorbeerpflückerin“, ein 36 Zentimeter langes Messer, war ein Staatskunstauftrag des österreichischen Museum für Kunst und Industrie in Wien. Das Werk kam – wie auch der ebenfalls unvollendete, so genannte „Baum der Erkenntnis“ – aus dem Besitz von Angela („Ella“) Blümelhuber an das Museum der Stadt Steyr [Inv.-Nr. H 19.992]. 99 Vgl. auch Watzinger – Kutschera (1965), S. 85 f. und Loidol (2004), S. 215 mit Anmerkung 39. Blümelhuber begleitete möglicherweise den in der Vorkriegszeit in Linz stationierten, auch als Ballonfahrer bekannten Erzherzog Joseph Ferdinand von Österreich-Toskana (* 24. 5. 1872 Salzburg, † 28. 8. 1942 Wien), der von 1. Oktober 1914 bis Juni 1916 das Kommando der 4. Armee an der Ostfront innehatte. 100 Vgl. die originale Korrespondenz im Museum der Stadt Steyr. 101 Blümelhuber (1932), S. 28. Franz Xaver Maria Lugmayer hat die Idee zur Konzeption der Plastik „Deutsche Zukunft – Menschheitszukunft“ vom Gnadenbild des Wallfahrtsortes Christkindl, in dessen unmittelbarer Nähe Michael Blümelhuber geboren wurde, herzuleiten versucht.

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