OÖ Heimatblätter 2010 Heft 3/4

128 die Problematik des Keltenbegriffs (vor allem bei den älteren Publikationen), und selbst wenn in der Einleitung noch zugegeben wird, dass es verschiedene, teils widersprüchliche Definitionen gibt, wird die sprachliche Vorsicht in den Folgekapiteln bald aufgegeben. Von Laien ist das Erkennen dieses Widerspruchs nicht zu erwarten. Vielmehr ist es unter diesen Voraussetzungen kein Wunder, wenn NeuheidInnen sich in archäologischen Publikationen zu „den Kelten“ quasi bedienen können und von Irland bis Anatolien, von der Urnenfelderzeit bis ins irische Mittelalter viele Themen, Fundorte und Objekte zur Beschreibung ihrer (modernen) Religion heranziehen. Natürlich liegt die häufig deutlich esoterische Interpretation archäologischer Basisinformation in der Verantwortung der neuheidnischen AutorInnen. Doch der lockere Umgang mit dem Keltenbegriff innerhalb der Forschungswelt macht den Zugriff auf diese Basisinformationen leichter. Wo „Kelten“ draufsteht, erwartet der Laie zurecht, „Keltisches“ zu finden – und auch die archäologische Forschung mischt in ihren Büchern archäologische Objekte mit sprachwissenschaftlichen Quellen und antiken Nachrichten. Somit machen sich hier zwei Gruppen der Vermischung und Fehlinterpretation von Quellen „schuldig“ – obwohl (bezogen auf sämtliche Fächer) bzw. innerhalb der Archäologie unter „den Kelten“ verstanden wird. Vielmehr existieren eine Vielzahl von (impliziten und expliziten) Definitionen.17 Typische Beispiele sind folgende: „die Kelten“ sprachen alle die gleiche (keltische) Sprache; „die Kelten“ verwendeten Objekte, welche heutzutage als latènezeitlich (bzw. eisenzeitlich bzw. sogar eisenzeitlich und urnenfelderzeitlich) bezeichnet werden; „die Kelten“ sind jene, die von antiken Autoren so genannt wurden. Das bedeutet, unter Umständen verstehen zwei Archäologen, die beide den Begriff „Kelten“ mündlich oder schriftlich verwenden, jeweils etwas völlig anderes darunter. Unter diesen Voraussetzungen ist sinnvolle Forschungsarbeit eigentlich nicht möglich. Nur sinnvoll definierte Begriffe, deren Definitionen von einem Großteil der NutzerInnen akzeptiert und als solche erkannt sind, ermöglichen dies. Die Diskussion um den Keltenbegriff wird dementsprechend innerhalb der prähistorischen Archäologie auch mit einiger Vehemenz geführt.18 Ich schließe mich dem wesentlichen Ergebnis dieser Diskussion an: Der Keltenbegriff als Beschreibung für ein prähistorisches „Volk“ ist ungeeignet,19 und er muss bei Verwendung jeweils genau definiert werden. Meiner Ansicht nach müsste also jedes Fachbuch, das sich mit „den Kelten“ beschäftigt, zumindest in der Einleitung die Problematik dieses Begriffs dem lesenden Publikum nahebringen. Die Analyse der von neuheidnischen AutorInnen verwendeten Fachpublikationen war in dieser Hinsicht ernüchternd:20 Nicht in allen Fällen existieren intensive Diskussionen über 17 Leskovar 2009, S. 107–110. 18 Pauli 1980; Chapman 1992; James 1999; Collis 2003, Rieckhoff 2007, Karl 2004; Karl 2008. 19 Ich halte ihn auch sonst nicht für besonders geeignet zur Verwendung in der Prähistorischen Archäologie, da er schon zu stark von verschiedensten Inhalten besetzt ist. 20 Leskovar 2009, S. 134 f.

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