OÖ Heimatblätter 2010 Heft 3/4

126 der Archäologie aber nicht „passen“, werden sie großzügig übergangen oder verfälscht. Nun könnte es der archäologischen Forschung gleichgültig sein, welche Thesen über prähistorische Religionen in der neuheidnischen Szene kursieren und in welcher Form archäologisch relevante Hinterlassenschaften genutzt werden. In der Tat hat sich die Forschung bisher auch nur sehr selten überhaupt mit dem Thema Neuheidentum/Esoterik auseinandergesetzt.15 Neben der Problematik, dass manchmal konkrete Fundstätten sowohl von der einen als auch von der anderen „Seite“ für sich beansprucht werden (Stonehenge ist hier sicherlich das prominenteste Beispiel; Holtorf 1993), bleibt aber meiner Ansicht nach vor allem folgender Faktor zu berücksichtigen: Die neuheidnische Literatur hat eine weitaus größere Verbreitung hallstattzeitliche Gräber aus ganz Europa, latènezeitliche Funde usw. Wie schon aus dem einleitenden Zitat hervorgeht, wird aber auch sehr häufig ein Bezug zu Stonehenge und anderen megalithischen Steindenkmälern hergestellt. Dieser Faktor ist interessant, wenn man berücksichtigt, dass es sich dabei um neolithische oder bronzezeitliche Denkmäler handelt, und nicht um eisenzeitliche. Die Schaffung einer Traditionslinie bis möglichst weit in die prähistorische Vergangenheit, also noch über die Eisenzeit hinaus, ist den AutorInnen der einschlägigen Literatur jedoch offenbar wichtig. Außerdem spielt die Frage nach der chronologischen Einordnung, die für die archäologische Forschung an Bedeutung fast nicht mehr zu überbieten ist, für das Neuheidentum manchmal nur eine untergeordnete Rolle. In manchen Textstellen wird zwar das Bedürfnis deutlich, archäologische Inhalte korrekt aus der Fachliteratur wiederzugeben; wenn die Ergebnisse 15 Ausnahmen: Obmann/Wirtz 1994, Osterwalder Maier 1991, Rahemipour 2002, Seidenspinner 1993. Schon 1905 wurden in Stonehenge Zeremonien verschiedenster „Druidenorden“ abgehalten.

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