OÖ Heimatblätter 2010 Heft 3/4

210 Regimes, schien ohne Konflikte mit den anderen europäischen Mächten nicht möglich. Die neue Reichsregierung hoffte daher auf einen nationalsozialistischen Wahlsieg in Österreich, der zumindest einen vorerst „inneren Anschluss“ bedeutet hätte. Um die Unruhe unter der Bevölkerung anzuheizen, eröffnete der bayerische Justizminister Hans Frank bereits kurz nach der „Machtergreifung“, am 18. März 1933, über die Sendeanlagen des Bayerischen Rundfunks den Ätherkrieg gegen Österreich. Die Parteigenossen, die in Österreich „heute noch unterdrückt“ seien – so der drohende Tenor seiner Rede – könnten mit ihrer baldigen Freiheit rechnen. (Österreich intervenierte sofort beim Berliner Auswärtigen Amt, das mit der Erklärung konterte, Frank habe die Ansprache nicht als Justizminister, sondern als Nationalsozialist gehalten). Zur Abwehr der nationalsozialistischen Einmischung suchte die Bundesregierung zusätzlich, und letztlich umsonst, die Hilfe Italiens, Englands sowie Frankreichs. Nach der Ausweisung Franks – er hatte sich im Mai auf Propagandareise durch Programms gedacht. Sie wurden als Zwischensender oder Relaisstationen mit der Aufgabe konzipiert, das Wiener Programm in bestmöglicher Qualität in jeden Winkel Österreichs zu tragen. Auf regionale Eigenheiten und Hörerwünsche wurde zunächst kaum Rücksicht genommen. Nur die Verbreitung weniger lokaler Informationen wie z. B. der Wetter- oder der Marktberichte erfolgte als Eigenprogramm der Bundesländersender.3 In den ersten Jahren war die Programmlinie der RAVAG streng „neutralistisch“; Politik und weltanschauliche Themen blieben weitestgehend ausgespart. Dessen ungeachtet versuchten die verschiedensten politischen Gruppierungen ihre Anliegen und Ansichten auch über den Rundfunk zu verbreiten. So gründeten die Nationalsozialisten, in deren Augen die RAVAG ein „Instrument des jüdisch-marxistischen Gegners“ war, 1932 den „Deutschen Funkhörerbund“ (Losung: „Rundfunk frei für Adolf Hitler“), und im Spannungsfeld der zunehmend dramatischen politischen Entwicklung wurde das Radio ab den Märztagen des Jahres 1933 immer mehr zur Stimme der autoritären Führung des Ständestaates.4 Der „Rundfunkkrieg“ mit Deutschland Der deutsche Rundfunk hingegen stand ab 1933 unter dem absoluten Diktat der Politik. Die Nationalsozialisten nützten das Radio, neben dem Film, als wichtigstes Propagandamittel, auch hinsichtlich ihres Kurses gegenüber Österreich. Die Vereinigung Österreichs mit Deutschland, erklärtes Ziel des NS-­ 3 Michaela Höck: Medienpolitik im Ständestaat oder die politische Einflussnahme auf die Österreichische Radioverkehrs Ag (RAVAG). Dipl. Arb. Univ. Wien, 2003, 95 f. 4 Ernst Glaser: Die Kulturleistung des Hörfunks in der Ersten Republik. In: Geistiges Leben im Österreich der Ersten Republik. Auswahl der bei den Symposien in Wien vom 11. bis 13. November 1980 und am 27./28. Oktober 1982 gehaltenen Referate. Wien 1982 (Veröffentlichungen der Wissenschaftlichen Kommission zur Erforschung der Geschichte der Republik Österreich Bd. 10), 25–29, 349. Theodor Venus: Der lange Weg zum Juliputsch 1934 – Hallwich und Hugenberg, Habicht und Huber. In: Wolfgang Duchkowitsch (Hg.): Mediengeschichte, Forschung und Praxis, Wien–Köln–Graz 1985, 151 f.

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