OÖ. Heimatblätter 1968, 22. Jahrgang, Heft 1/2

feld (1962); IX. H. Derringer, Römische Lampen aus Lauriacum, die Straten der Zivilstadt Lauriacum (1965). Max Währen, Brot und Gebäck im Leben und Glauben des Alten Orient. Vorderasien sechstes bis erstes Jahrhundert vor Christus. Schwei zerisches Archiv für Brot- und Gebäckskunde, Institut zur wissenschaftlichen Bearbeitung und Förderung der Gebäckskunde Bern, Bern 1967, 84 Seiten, 31 Abb., 2 Karten. Selten vereinen sich glänzender Stil, knappste Dar stellung des Sachverhaltes und unanfechtbare wissen schaftliche Exaktheit so harmonisch zu einem Werk wie in der neuesten Untersuchung zur Ge schichte der Brotbereitung von Max Währen.Nach sei nen grundlegenden Darstellungen zur Geschichte und Funktion des Brotes im Alten Ägypten (siehe sein „Brot und Gebäck im Leben und Glauben der Ägyp ter", Schweiz. Archiv für Brot- und Gebäckskunde, Bern 1963 und seine „Typologie der altägyptischen Brote", a. a. O.) vmd einer Reihe von kürzeren Unter suchungen über prähistorische tmd römische Brote, durch die der Verfasser längst zu einem geschätzten Gutachter diverser wissenschaftlicher Institute gewor den ist, legt Währen nun eine Geschichte der Brotbe reitung der antiken Völker im Alten Orient vor, für die er u.a. wie für seine früheren Arbeiten praktische Mahl- und Backproben durchgeführt hat. Während er sich bei seinen Untersuchungen über Ägypten vor allem auf Bildzeugnisse stützen konnte, mußte er sich hier der allerdings zahlreichen Äusgrabungsergebnisse bedienen (wobei insbesondere die Verhältnisse in Mari, 2000—1600 v. Chr., aufschlußreich waren), und auf die Primärliteratur beziehen, die der Autor in reichem Maß aus Auszügen aus der Quellenliteratur sprechen läßt. Selbstverständlich ist einem so verant wortungsbewußten Autor wie M.Währen die Schwie rigkeit gegenwärtig, die die Verfolgung eines einzigen Themas in linearer Untersuchung aller antiken Völker des Vorderen Orients mit sich bringt, da sie nicht nur deren bunte ethnische Vielfalt (Protosumerer, Sumerer, Äkkader, Assyrier, Babylonier, Hethiter, Phönizier, Elamiten und Perser), sondern auch deren wechselvolle Geschichte zu berücksichtigen hat. Die für jeden Kulturbereich vorbereitend durchgeführte Untersuchung jedoch ergab, wie der Autor ausführt, einen Einblick in eine weitreichende Zusammen gehörigkeit der Backkultur nördlich einer Linie von Ägypten über Jericho, Syrien, Irak und Persien, die zu einer zusammenfassenden Behandlung der Sachverhalte berechtigt. In einem einführenden Kapitel wird der Leser zu nächst mit „Land und Leuten im Zweistromland" bekannt gemacht,in kurzem Umriß aufdieErgebnisse der Untersuchungen von F.D.Hrozny(„Das Getreide im alten Babylonien", Wien 1914) hingewiesen und der Getreideanbau (Gerste, Weizen, Hirse, Roggen) bei diesen Völkerschaften kurz erörtert. Dann geht Währen sofort auf sein Hauptthema, die Geschichte und die Formen der Brotbereitimg in Vorderasien, ein. Finden sich in den ältesten Schichten (Äusgrabungen von Jericho, 6000-6400 v. Chr.) Sicheln, Mör ser und Mühlen,die über dieVerarbeitung vonKörner früchten keinen Zweifel lassen, so läßt sich das Ent stehen von Backvorrichtungen bereitsfür die Zeit von 4000-4500 durch die Ausgrabimg aus dem Dorfe Dscharne nachweisen. Hier sind erstmals Kuppel backöfen zutage gekommen, wie sie sich später in verhältnismäßig großer Zahl mit ovalem und kreis rundem Grundriß im östlichen Mittelmeergebiet und in Ägypten und in Äusstrahlung bis nach Europa (Karanow, Bulgarien,und Bylany, CSSR) gefunden haben. Ab 3500 setzen dann auch die aus Währens Ägyptenbuch bestens bekannten Zylinderbacköfen in verschiedener Ausführung ein, neben denen Back töpfe und Backplatten gebräuchlich waren. Entsprechend den Backvorrichtungen sind auch die Backprodukte vielfältig. Dem Autor gelang es, nicht weniger als 59 Brotsorten nachzuweisen: Süßbrot (Festtagsgebäck), gesäuertes Brot - das älteste dieser Ärt stammt aus der Zeit 3000 v. Chr. aus Judeideh runde Fladenbrote, Konkavbrote, dreieckige, ring förmige und hörnchenförmige Gebildbrote, ja selbst figurale Gebäcke wie Vögel, Fische, Ferkel, die als Opfersubstitute verwendet wurden. Daneben konnte Währen auch zahlreiche Backmodel (vor allem aus Mari) als solche identifizieren. Den Hauptteil der Darstellungen widmet Währen der Funktion der Brote im Alltagsleben und im Kult und Volksglauben der behandelten Völker. Schon die Beobachtung, daß nicht allein Korn, sondern auch Brot und Mehl als Zahlungsmittel und Zahlungs einheit verwendet wurden, daß eine Art Brotwährung bestand, zeigt die außerordentliche wirtschaftliche und kommerzielle Bedeutung des Brotes, das bereits damals zum Inbegriff aller Nahrung geworden war. Seit etwa 3000 v. Chr. gibt es auch im Zusammenhang mit dem Aufkommen der Stadtstaaten und der TempelWirtschaft einen hochangesehenen Bäckerstand, dessen Institution also viel weiter zurückreicht, als bisher angenommen wurde und der sich des Schutzes hoher Götter erfreut. Die auch volkskundlich und religionswissenschaftlich ergiebigsten Darstellungen enthalten die Kapitel über die Stellung des Brotes im Kult und Volksglauben. In allen Einzelheiten werden die Auffassungen doku mentiert, daß die vorderasiatischen Völker im Brot eine außerordentliche Konzentration der Lebenskraft an sich gesehen haben, wie sich diese bereits im Schöpfungsmythos abzeichnet, bei dem die von den Göttern aus Lehm geformten Menschen erst Leben erhalten, nachdem sie über Auftrag ihrer Schöpfer Brot gegessen haben. Dem Brote wohnen Kräfte inne, die seine Verwendung bei magischen Zeremonien, in der Krankenheilung,für die Rettung von Sterbenden und zur Weissagung geeignet erscheinen ließen. Zahl reicher sind die Belege für Opfer in Brotform, so daß der Verfasser nicht nur das Aufstellen von Opfer tischen mit Broten (vergleiche ähnliche Bräuche, die vom Mittelalter bis in die Gegenwart im deutschen Sprachgebiet bezeugtsind)nachweisen konnte,sondern auch die sakramentale Handlung des „Heiligen Brot brechens", des Eintauchens des gebrochenen Brotes in Wein und die Beteilung aller Gläubigen mit der mit der Gottheit identifizierten Speise, durch die sich die Essenden zu einer großen Gemeinschaft verbunden fühlen. Ausführlich wird auch auf den Kult der sterbenden und wiederauferstehenden Götter, wie Tammuz und Baal, hingewiesen, deren ständige Wiederkehr die Fortdauer der Vegetation ebenso sichert, wie die Brotopfer an die Verstorbenen diesen das sonst so trostlose Jenseits erträglich machen.

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