OÖ. Heimatblätter 1967, 21. Jahrgang, Heft 3/4

Der historische Kern der Wolfgang-Legende Von Rudolf Zinnhobler Für den 9. Band der Mitteilungen des Oberösterreichischen Landesarchivs haben wir einen Aufsatz über das Alter der Kirche von St. Wolfgang am Abersee vorbereitet.^ In den fol genden Ausführungen soll versucht werden, die Konsequenzen zu ziehen, die sich daraus: für die Interpretation der Wolfgang-Legende ergeben. Auf die Beigabe von Belegstellen können wir unter Berufung auf die genannte Abhandlung meist verzichten. Die Legende vom Heiligen, der am Abersee mit eigenen Händen Zelle, Altar und Kirche an d e r Stelle errichtete, an der das von ihm geworfene Beil niedergefallen war,ist allgemein bekannt und durch die prächtigen Darstellungen auf dem weltberühmten Pacher-Altar jedem in lebendiger Erinnerung. Es fragt sich nun,ob der Erzählung auch ein geschichtlicher Kern zugrunde liegt. Der vor kurzem verstorbene Historiker Ignaz Zibermayr, der sich um den Nachweis der Geschichtlichkeit der Berichte über das Martyrium des hl. Florian so verdient gemacht hat, war im Falle der Wolfgang-Legende, mit der er sich immer wieder beschäftigte, viel skeptischer.^ Er ist davon ausgegangen, daß sowohl die Legende als auch die Wallfahrt erst relativ spät belegbar sind und daß alle positiven Beweise für ein Zurück reichen der Kirche in die Wolfgang-Zeit fehlen. Was ist dazu zu sagen? 1. St. Wolfgang als Kirchenbauer Um 976 hat der Regensburger Bischof Wolfgang (gestorben 994) in seinem Eigenkloster Mondsee geweilt, um nicht in den Aufstand des Bayernherzogs Heinrich des Zänkers gegen Kaiser Otto II. hineingezogen zu werden. Die Tatsächlichkeit seines Aufenthaltes ist urkund lich gut gestützt und wird daher auch nicht angezweifelt. Oberwang,später als inkorporierte Pfarre von Mondsee nachweisbar,hat eine dem hl. Kilian geweihte Kirche. Begegnet man bei uns diesem Heiligen als Patron eines Gotteshauses, so denkt man zunächst an Beziehungen zu Würzburg-Lambach, die sich denn auch bei fast allen Edlian-Kirchen unserer Heimat nachweisen lassen. Bei Oberwang ist das nicht so. Nun hat Joachim Dienemann erst vor kurzer Zeit nachdrücklich darauf hingewiesen, daß Regensburg - und hier wiederum der hl. Wolfgang - für die Verbreitung der Kilian-Ver ehrung sehr bedeutsam war.® Man wird also mit großer Wahrscheinlichkeit annehmen dürfen, daß der hl. Wolfgang von Mondsee aus direkten Einfluß auf die Wahl des Patroziniums und zuvor auf den Bau der Kirche genommen hat. Damit ist aber grundsätzlich gegen den „Kirchenbauer" St. Wolfgang nichts mehr einzuwenden.^ ^ Verf., Wie alt ist die Kirche von St. Wolfgang am Abersee? Zum Mondseer Urkundenwesen im 12. Jahr hundert. Mitteilungen des Oberösterreichischen Landesarchivs, Bd. 9, im Erscheinen. 'I.Zibermayr,St. Wolfgang am Abersee,2. Aufl., Horn 1961; vgl. bes. SS.23f., 53f., 57 f. Ders., St. Wolfgang und die Johanneskirche am Abersee. Mitteilungen des Instituts für österreichische Geschichtsforschung 60 (1952), 120-139. 'J. Dienemann, Der Kult des heiligen Kilian im 8. und 9. Jahrhundert(= Quellen und Forschungen zur Geschichte des Bistums und Hochstifts Würzburg 10 (1955), bes. S. 30-33). * Übrigens geht ja auch die zu Mondsee gehörige Kirche von Wieselburg auf den hl. Wolfgang zurück (vgl. H.Awecker,Mondsee: Markt,Kloster,Land. Mondsee 1952,S.67;H.Wolf,Erläuterimgen zum Historischen Atlas der österreichischen Alpenländer, II. Abtlg., 6. Teil: Niederösterreich, Wien 1955, S. 182-184) und ist nun auch archäologisch für die Wolfgangzeit gesichert(H. Ladenbauer-Orel, Der Kirchenberg in Wiesel burg an der Erlauf, Jahrbuch für Landeskunde von Niederösterreich, XXXVII, 1965—1967, S. 28-39). Wenn das Ulrichpatrozinium dieser Kirche ursprünglich ist, dann ist das ein wertvoller Beleg dafür, daß der heilige Wolfgang die Schutzpatrone der von ihm errichteten Gotteshäuser selbst bestimmte, war doch

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