OÖ. Heimatblätter 1967, 21. Jahrgang, Heft 3/4

es nicht tut, geh ich halt zur Hanni." Daß die Alten eine solche Möglichkeit überhaupt ins Auge fassen, setzt voraus, daß sie ihr persönliches Wohl, ihre Ruhe, über das Wohl des Hofes zu stellen beginnen. Es mehren sich die Fälle, wo noch arbeitsfähige „Alte" ihrem jüngsten Sohn übergeben und sich die Freiheit nehmen, auf dem Hof zu bleiben oder zu einem anderen Kind zu ziehen oder in ein leerstehendes Ausgedingehäusel zu übersiedeln. Wenn es sie freut, arbeiten sie am Hof mit, sie verdingen sich aber auch als Straßen- oder Wildbacharbeiter, ja in Sommerfrischen als Liftwarte oder Tankwarte. Nichts zu tun, wäre ihnen zu langweilig. Sie sind ja erst 48, 55 oder 60 Jahre alt. So können wir auch an den älteren Leuten auf unseren Bauernhöfen ein neues Freiheits und Persönlichkeitsgefühl feststellen. Auch sie sind weniger gedrückt, lockerer und damit glücklicher geworden, ein persönliches Glück, das allerdings auf Kosten des früheren Ver haftetseins mit dem Hof geht. Einem ängstlichen Beobachter werden daher Bauern heute egoistischer erscheinen als früher. Es wäre wünschenswert, wenn sich dieses neue Persön lichkeitsgefühl zu einem Bauernbewußtsein und stärkerem Selbstbewußtsein auswachsen würde. Wer die Verhältnisse im gebirgig schönen Teil unseres oberösterreichischen Landes kennt, wird nun sagen: Ja, die fremden Dienstboten haben die Bauern angebracht, dafür aber sind die fremden Sommer- und Wintergäste gekommen. Es sind dies meist Städter, die ein paar Wochen einfaches Leben jedem übermäßigen Komfort vorziehen. Sie brechen an jedem schönen Tag frühmorgens auf und wandern den ganzen Tag, ohne von ihren Wirtsleuten schief angesehen zu werden, weil sie untertags nichts verzehren. Die Bauers leute räumen ihnen die Stube ein,während sie selbst in einer Sitzecke der Küche ihre Mahl zeiten einnehmen. Bauer und Gast sind sich heute nicht mehr so fremd wie früher. Bäuerliches Leben und städtisches gleicht sich immer mehr an. Sobald der Gast auf dem Hof erscheint, haben beide ein erstes und unerschöpfliches Gesprächsthema: das Auto. Der Bauer hat eines, der Gast das gleiche oder ein anderes, in beiden Fällen ist für ausgiebigen Meinungs austausch gesorgt. Und was den Städtern neu ist, wird zu einem einzigen großen Erlebnis. Die Stadtkinder dürfen auf dem Traktor fahren, auf einem Pferd reiten, zuschauen, woher die Milch kommt; sie helfen die Schweine füttern usw. Auf diese Weise ist der Gast wohl ein Fremder im Haus, aber kein Fremder, der sich in die Familie drängt. Bis jetzt hat man bei uns von keinem Gast gehört, der in den Familienkreis des Bauern eingedrungen ist. Obwohl das Verhältnis zu den Nachbarn weitgehend von der Bauernarbeit bestimmt wird, die wir im folgenden Abschnitt behandeln wollen, können wir darauf schon jetzt, wo es um den Menschen am Hof geht, eingehen. Einst hat die Getreidearbeit, die Arbeit mit Flachs und Wolle, unsere Bauern gezwungen, die Nachbarn zu Hilfe zu rufen. Auch heute ergäbe sich manche Notwendigkeit, dies zu tun, und zwar in der gegenseitigen Aushilfe mit Maschinen. Es gibt deren solche, die im Ablauf des Bauernjahres nur einmal eingesetzt werden und die übrige Zeit unbenützt stehen: Mähdrescher, Miststreuer usw. Es wäre daher wirtschaftlicher, wenn mehrere Bauern mitsammen eine Maschine hätten. Daran hindert den Bauern aber das alte und neue Selbständigkeitsgefühl. Er will lieber keine solche Maschine haben, als sie mit dem Nachbarn zu teilen, auch wenn er ihm sonst freund lich gesinnt ist. Das Ausscheiden der Dienstboten und die Lockerung der nachbarlichen Verbindung beraubt außerdem den Bauern der Möglichkeit, seine sozialen Fähigkeiten zu bewähren. Es ist daher wünschenswert, auch im Interesse des Bauern selbst,ihn vor einer Abkapselung zu bewahren. Dazu bieten sich auch heute manche Möglichkeiten, wie etwa das Fernsehen. In den Ge-

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