OÖ. Heimatblätter 1967, 21. Jahrgang, Heft 3/4

Der Windischgarstener Haufenhof heute Von Rudolf Kusche Zwei Tatsachen haben Leben und Arbeit auf unseren Bauernhöfen verändert: Der Bauer muß ohne Dienstboten auskommen,und er baut nicht mehr Korn und Weizen an. Während sich das letzte besonders auf Arbeit und Arbeitsbrauch auswirkt, ändert der Übergang zum reinen Familienbetrieb auch den Menschen. Das beginnt schon beim Kind. 1. Die Menschen Das Kind: Bauernkinder machten immer den Eindruck von kleinen Erwachsenen. Eine fröhlich-unbeschwerte Kindheit konnte ein Bauernkind selten erleben, denn es stand unter einem doppelten Druck: der völlig patriarchalischen Verfassung des Bauernhauses und dem miterzieherischen Einfluß der Knechte und Mägde. Diese hatten für Zärtlichkeiten der Mutter ihren Kindern gegenüber kein Verständnis und machten sie unmöglich. Und wenn ein Knecht gerechter- oder ungerechterweise ein Kind züchtigte, durfte die Mutter im Interesse des Flofes nicht einschreiten. So waren Bauernkinder keine glücklichen Kinder in unserem Sinne. Es haftete ihnen ein gewisser Ernst an, der sie unter anderem zu angenehmen Schulkindern machte. Heute steht kein Fremder mehr zwischen Kind und Eltern. Die Mutter kann mit ihren Kindern zärtlich sein, ohne daß ihr jemand den Vorwurf macht, sie „vertue" die Kinder. Diese neue Zärtlichkeit drückt sich auch sprachlich aus. Es ist durchaus nicht eine bloße Modeerscheinung, wenn Bauernkinder heute zu ihren Eltern Papi oder Tati und Mami sagen, und wenn sie zum freundschaftlichen Du übergegangen sind. Die unpersönliche Ansprache und das Ös und Enk gilt heute nur mehr in manchen Häusern den Großeltern gegenüber. Aus Betriebskindern sind Familienkinder geworden. Dies scheint im Widerspruch dazu zu stehen, daß Bauernkinder heute viel mehr am Flof mitarbeiten müssen. Sie bedienen Maschinen, fahren mit dem Traktor. Diese Verantwort lichkeit empfinden sie aber nicht als Last, sondern als Auszeichnung, und die Arbeit macht ihnen Spaß. Wenn man heute im bürgerlichen lieben oft bedauert, daß die meisten Kinder ihren Vater gar nicht mehr bei der Arbeitsehen können,weil er morgens von daheim fortgeht und abends heimkommt, so muß man andrerseits zugeben, daß Bauernkinder doppelt glücklich sein müssen: Sie dürfen dem Vater sogar bei der Arbeit helfen, mit der er Haus, Hof und Familie erhält. Die Erwachsenen: Etwas Ähnliches geht in den Erwachsenen vor. In der Übergangszeit hat man Bauern oft darüber klagen gehört, daß sie zur Arbeit keine Leute bekämen. Heute hört man diese Klage nur mehr selten. Ja viele Bauern versichern einem, sie möchten heute gar keinen Dienstboten mehr, auch wenn sich ihnen einer anböte. Sie sagen: Da maehen wir uns lieber kleiner zusammen, muß halt etwas hinten bleiben. Auch sie beginnen die neue Freiheit aufdem Hofzu genießen. Dazu kommt etwas anderes: Im Zuge der heutigen Bauund Siedlungstätigkeit lassen sich weichende Bauernsöhne und -töchter in der Weise aus zahlen, daß ihnen die Eltern ein Stück Baugrund in der Randlage des Hofes geben und ihnen beim Hausbauen mit Geld, Rat und Tat beispringen. Diese Kinder und Kindeskinder helfen, wenn das Einvernehmen mit den Eltern gut ist - und das ist es meist -,am Vaterhof in der „drawigen" Zeit und auch sonst mit. Andrerseits haben die Eltern, sollte es mit dem erbenden Sohn aufdem Hofzu einem Zerwürfnis kommen, die Möglichkeit, aufein solches Randhaus ausweichen, und zu einem anderen Kind zu ziehen. Es heißt dann: „Wenn's

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