OÖ. Heimatblätter 1955, 9. Jahrgang, Heft 2/3

Fröhler: Zur Geschichte der Schule und des Schuldramas der Jesuiten in Steyr Verbot des Theaterspiels vorauszusetzen haben, wenn uns auch für viele Jahre sichere Belege darüber fehlen. Die durch Jahre des Krieges und der Unruhen gestaute geistige Welle des Hochbarock bricht sich in den nun ruhigeren Zeitläufen mit aller Macht Bahn und setzt sich der Form nach auch dann noch im Theater der Jesuiten fort, als sie außerhalb der Klostermauern durch den Siegeszug der Aufklärung längst überwunden·war. Das Jesuitendrama in Steyr ist in seine zweite Entwicklungsphase eingetreten, die mit der für 1686 belegten grandiosen Allegorie eingeleitet wurde. Belegmäßig findet dieser Anf~mg allerdings erst 1697 seine Fortsetzung. Die Rhetorik- und Poetikklasse traten in diesem Jahre nicht weniger als fünfmal gemeinsam auf, die Syntax- und Grammatikklasse zeigten sich in einem dreistündigen, die zwei untersten Klassen in je einem einstündigen Stück. Daneben wird noch ein fünfstündiges Prämienspiel mit dem Titel „S. Iphigenia Virgo, a Divo Mathaeo Apostolo parthenice perseverare docta" erwähnt '18 ). Insgesamt also acht Aufführungen in einem einzigen Jahr, eine Leistung, wie sie nur dem gesteigerten Lebensgefühl des Hochbarock entspringen konnte. Es ist nur bedauerlich, daß wir mangels erhaltener Texte nicht mehr imstande sind, den bei diesen Stücken entfalteten Prunk einigermaßen sachgerecht zu rekonstruieren und q_en vollen Umfang des Einflusses zu ermessen, den diese Aufführungen auf das kulturelle Leben der Stadt Steyr ausübten. In den beiden folgenden Jahren werden je zwei öffentliche Aufführungen mit Titelangabe ausgewiesen 4n) über die Jahre 1770 - 1720 gibt es allerdings wieder wenig vom Drama zu berichten. Der Chronist gibt meist nur einen allgemeinen Hinweis auf Theateraufführungen der einzelnen Klassen und führt nur in insgesamt sieben Fällen den Titel des Dramas an. Dazu kommt, daß die öffentliche Schauspieltätigkeit der Studenten Steyrs in drei Jahren dieses Zeitabschnittes völlig unterblieb. Fallen doch in diese Zeit die Wirren des Spanischen Erbfolgekrieges, von denen auch Steyr nicht verschont blieb, und der Tod zweier Monarchen (Leopold I - 1705, Joseph I - 1711), jeweils gefolgt vom Verbot öffentlicher Theateraufführungen im Trauerjahr. Für das Fehlen von Angaben in den verbleibenden Jahren ist wohl teils der bereits erwähnte routinemäßige Ablauf der Aufführungen, teils das stärkere Interesse des jeweiligen Verfassers der Jahresberichte an den kirchlichen Veranstaltungen verantwortlich zu machen. Tatsache ist jedenfalls, daß mit dem Aufflammen einer verstärkten Theatertätigkeit im Jahre 1697 auch den Prozessionen ein größeres Augenmerk zugewandt wird und die Berichte darüber immer ausführlicher werden. 1715 war es durch Schenkungen, vor allem die des Bürgermeisters Adam Wilhelmb, möglich geworden, nicht nur die vorhandene kleinste Glocke neu einzugießen, sondern auch eine neue große Glocke zu besorgen. Ebenso wurden die beiden Türme mit den entsprechenden Holzgerüsten versehen, die sie zur Aufnahme eines Geläutes von 5 Glocken befähigten. Seltsamerweise hören wir auch bei diesem Anlaß nichts von einer schauspielerischen Betätigung der Schul139

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