OÖ. Heimatblätter 1950, 4. Jahrgang, Heft 2

Schrifttum Gustav Gugitz: Das Jahr und seine Feste im Volksbrauch Österreichs. Studien zur Volkskunde. 1. Band. 367 Seiten, 18 Bilder. Wien 1949 (Verlag Brüder Hollinek). Der Name Gustav Gugitz ist den Freunden der oberösterreichischen Heimat- und Volkskunde längst vertraut. Mit seinen Beiträgen in den „Heimatgauen", den Vorgängern der „Ober¬ österreichischen Heimatblätter“ („Die schöne Linzerin“, Jahrgang II; „Beiträge zur älteren Geschichte des Theaters in Linz", VIII; „Matthias Höfers Bemerkungen zur oberösterreichischen Volkskunde", XIV; „Zum religiösen Brauchtum in Oberösterreich, Vergessenes aus sosephinischen Aufklärungsschriften“, XV; „J. S. V. Popovitsch und seine Beiträge zur oberösterreichischen Volkskunde“, XVIII), hat der Verfasser wertvolle Beiträge zur Kenntnis der oberösterreichischen Kulturgeschichte beigesteuert. Und auf eine gewaltige Ernte seiner kulturgeschichtlichen Forschungen kann der greise, aber noch immer schaffensfrische Autor — er ist 1874 in Wien geboren — auch sonst zurückblicken. Frühzeitig wandte er sich der Erforschung der Milieu-, Theater- und Literaturgeschichte seiner Heimatstadt zu, als deren bester Kenner er heute unbestritten gilt. Sein unermüdliches Quellen¬ studium und seine gewissenhafte Auswertung des gesammelten, zum überwiegenden Teil voll¬ kommen neue Betrachtungsmöglichkeiten erschließenden archivalischen Materials, wie seine um¬ fassende Literaturkenntnis ermöglichten ihm auch die Herausgabe der innerhalb der europäischen Großstädte einzigartigen, vollständigen, vierbändigen „Biographie der Stadt Wien“, die eben im Erscheinen begriffen ist. Jedes seiner Werke, ob es sich nun um die Memoirenausgaben¬ Reihe „Denkwürdigkeiten aus Altösterreich“ oder die kulturhistorische Studie „Das Wiener Kaffeehaus“ (1940) handelt oder um seine ausgezeichneten theatergeschichtlichen Arbeiten (z. B. „Weiland Kasperl Johann La Roche“, 1921; „Altwiener Thespiskarren“, 1925, eine um¬ fangreiche Darstellung des Wiener Vorstadttheaters) oder um die mit E. K. Blümmel heraus¬ gegebenen Bände „Von Leuten und Zeiten im alten Wien“ und „Altwienerisches. Bilder und Gestalten“ (1922), zieht den gebildeten Leser durch seine gründliche Quellenkenntnis und die methodisch mustergültige Verwertung des aus Archiven und Literatur gewonnenen Materials an. Jedes ist auch in seiner Art durch die ungeahnte Fülle neuer Forschungsergebnisse bedeutsam. Dieselben Vorzüge, gepaart mit einem prägnanten und glänzenden Stil, zeichnen auch seine aus den kulturhistorischen Arbeiten erwachsenen Forschungen zur Volkskunde aus. Schon in den zuletzt genannten Bänden finden sich, quellenmäßig gleichermaßen fundiert, Darstellungen wie „Weihnacht in Altwien", „Der Hernalser Kalvarienberg zur Fastenzeit“ usw., zu denen sich alsbald auch Untersuchungen zum Wiener Volksschauspiel (wie das auch für oberösterreichische Verhältnisse aufschlußreiche Büchlein „Alt-Wiener Krippenspiele“, 1925) und Volkslied (z. B. „Der Spittelberg und seine Lieder“, 1924; „Michael Ambros, ein Altwiener Bänkelsänger“, 1928) gesellen. In den folgenden Jahrzehnten mehrten sich die volkskundlichen Studien, die sich besonders mit der Darstellung und Erklärung des österreichischen Brauchtums und Wallfahrts¬ wesens (Erforschung verschiedener Mirakelbücher u. a.) beschäftigen, in bedeutsamem Maße. Leider erschienen diese wichtigen Aufsätze durchwegs nur verstreut in Zeitungen (seit 1935 hauptsächlich in der Sonntagsbeilage der „Wiener Zeitung") und Zeitschriften, sodaß sie heute oft nur schwer zugänglich sind. Umso begreiflicher ist es, daß in Fachkreisen immer wieder der Wunsch nach einer Sammlung dieser Aufsätze in Buchform ausgesprochen wurde, dem mit dem vorliegenden Band durch den Verlag Hollinek in vorbildlicher Weise entsprochen wurde. Jetzt erst erkennt man in dieser stattlichen Sammlung ausgewählter Kapitel zum österreichischen Brauchtum die Einzigartigkeit dieses Werkes, dessen Wert um so höher anzuschlagen ist, als es bisher noch keine wissenschaftliche Gesamtdarbietung des österreichischen Brauchtums gibt. Der erste Teil dieser auf zwei Bände berechneten Ausgabe bringt 42 Aufsätze von G. Gugitz zu den wichtigsten Abschnitten des jahreszeitlichen Brauchtums von Neujahr bis Sonnwend. Wieder geht der Verfasser von dem ihm am meisten vertrauten älteren Wiener Volksbrauch aus, für den er in meisterhafter Quellenauswertung und einem Stil, der den Leser in Spannung hält, 188

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