OÖ. Heimatblätter 1949, 3. Jahrgang, Heft 4

Kneidinger: Über vorgeschichtliche Spinnerei und Weberei von Bedeutung. Von Spinngeräten haben sich Spindeln äußerst selten und nur unter besonders günstigen Umständen erhalten (Pfahlbauten), da sie aus ver¬ gänglichem Material (zumeist Holz) bestanden. Sehr häufig und weitverbreitet sind dagegen die Funde von Spinnwirteln. Diese wurden, wie schon bemerkt, als Schwungrädchen auf die Spindel gesteckt. Sie bestehen gewöhnlich aus Ton oder Stein, doch müssen wir annehmen, daß auch solche aus weniger dauerhaftem Material, wie Holz oder Baumrinde, verwendet wurden, sich aber nicht erhalten haben. Der Form nach sind die Wirtel meist kugel-, kegel- oder doppelkegel¬ förmig, seltener scheibenförmig. Manchmal sind Spinnwirtel auch verziert 11). In Siedlungen finden sich häufig durchbohrte Tonscheiben, von denen man annimmt, daß sie als Wirtelersatz gebraucht wurden. Im allgemeinen kann man nicht sagen, daß für einzelne Zeitabschnitte gewisse Formen kennzeichnend sind, weshalb man Spinnwirtel, soweit es sich um Einzelfunde handelt, gewöhnlich nicht datieren kann. Wirtelfunde sind bereits für die jüngere Steinzeit nachgewiesen und auch im Mühlviertel liegen aus dieser Zeit schon einige Stücke vor. Aus den Wohngruben von Mauthausen, die 1900 im Löß über dem Heinrichsbruch aufgedeckt wurden und die der ausgehenden jüngeren Steinzeit und der älteren Bronzezeit angehören, stammt ein Spinnwirtel aus grauschwarzem Ton von doppelkonischer Form und mit beiderseitiger Abplattung bei der Bohrung. Dieser Wirtel fand sich in einer etwas abseits gelegenen Wohngrube, die noch andere interessante Funde lieferte, mit denen wir uns noch zu beschäftigen haben 12). Der spätjungsteinzeitliche Siedlungsplatz von Limberg bei Gramastetten lieferte einen Wirtel von mehr flacher Form 13), während der jungsteinzeitliche Fundplatz von Wolfing bei Gallneukirchen, der, nach den Funden zu schließen, wahrscheinlich noch in die band¬ keramische Zeit zurückreicht, einen großen konischen Wirtel aus Ton herausgab (Abb. 3), der auf der Oberseite mit Ritzlinien verziert ist (zwei vierlinige Bänder, die sich beim Bohrloch senkrecht kreuzen). In dem schon erwähnten frühgeschicht¬ lichen Gräberfeld von Holzwiesen bei Gallneukirchen fand sich in Grab 1 ein doppelkonischer Spinnwirtel aus hellgrauem, gut geschlämmtem Ton. Bezeichnen¬ derweise fanden sich in diesem Grabe außer einem Eisenmesser noch drei Bronze schellen, die auf eine Schnur aufgefädelt getragen wurden und wohl einen weiblichen Schmuck darstellen 14). Wir haben es in diesem Brandgrabe also mit einer weiblichen Bestattung zu tun. Das geht auch aus dem Wirtelfunde und aus dem geschlossenen Charakter des Grabes hervor. Durch zahlreiche Grabungen konnte ja oft nachgewiesen werden, daß sich in Gräbern von Frauen neben Schmuck häufig Spinnwirtel als Beigaben finden, während in Männergräbern Waffen vorherrschen. Das besagt aber, daß es hauptsächlich Frauen waren, die die 11) Sacken, Tafel XVIII, Fig. 3—6. 12) Dr. Adolf Mahr, Die älteste Besiedlung des Ennserbodens, Mitteilungen der Anthro¬ pologischen Gesellschaft in Wien 1916 S. 1—36. 13) Erwin Theuer, Urgeschichte Oberösterreichs (Linz 1925) Nr. 132. 14) Mitteilungen der Anthropologischen Gesellschaft in Wien 1942 S. 306. Tafel I 18 und 15 — 17. 335

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