OÖ. Heimatblätter 1949, 3. Jahrgang, Heft 4

Kriechbaum: Die Wallner zu und von der Kirche kommenden Menschen recht genau ansah, konnte ich kein stärkeres Hervortreten des dinarischen Typus bemerken. Vereinzelte hagere dinarische Typen mit hohem Schädel- und Winkelprofil im Gesichte reichen meines Erachtens nicht aus, die Ansicht Konrad Schiffmanns zu stützen, es sei eine größere Zahl von Holzknechten zur harten Rodungsarbeit aus dem Windischen (Steiermark?) herbeigeholt worden. Auch der mehr awarisch-slawische Typus der Westslawen, die etwa durch die kolonisatorische Tätigkeit des Bistumes Bamberg im nördlichen Kobernauserwald, aber auch von Friedburg und Frankenmarkt her, angesiedelt worden sein konnten, ist kaum in Spuren vorhanden. Ich beobachtete vielmehr gerade bei Frauen und Mädchen der Wallner recht häufig blonde, blauäugige Typen, häufiger als die sehr dunklen. Bei den Männern sah ich neben hageren vielfach leicht untersetzte Gestalten, die sich oft als Raufbolde von Format, aber manchmal auch als ausgezeichnete Erzähler erwiesen. Merkwürdig kleine, mit Kröpfen behaftete, geistig etwas zurückgebliebene Gestalten beobachtete ich des öfteren unter den Schäfern. Die alten Schäfer sind die letzten Reste eines früher viel verbreiteten Völkchens. Vor allem wegen des bedeutenden Wertes der Schaf¬ wollgewebe, aber auch wegen der hohen Einschätzung des Schafmistes als Dünger für die anzubauende Gerste konnte man früher die Schafhirten mit ihren Herden allerorts beobachten. Vom allgemeinen Charakter der Wallner An der seelisch-geistigen Formung unserer Wallner sind ohne Zweifel sowohl geographische als auch soziologische Verhältnisse mitbeteiligt. Zu diesen gehören: Ihr Leben in kleinen und kleinsten Einödhöfen. Zum nächsten Nachbarn ist oft ein weiter Weg. Die Stadtferne des Wallnergebietes. Die Städte Ried, Braunau und Vöcklabruck liegen viele Stunden entfernt. Der Mangel an wichtigen Straßen für einen Durchgangsverkehr. Erst der Autoverkehr der letzten Jahrzehnte milderte diese Verkehrsarmut. Der Niederschlagsreichtum der Landschaft am Alpenfuß schenkte unserem Waldgebiete einen ausgesprochenen Mittelgebirgscharakter, dem schneereiche Winter das Gepräge geben. Holz- und Feldarbeit erfordern hier große Kräfte. Das Leben in und mit dem Walde war hart und entbehrungsreich. Die Verkehrsferne brachte in viele Gebiete, so in den Naum um St. Johann, eine gewisse Inzucht mehrerer Großfamilien, die erst in jüngster Zeit durch einen bescheidenen Zustrom fremder Familien etwas gelockert wurde. Als die hervorstechendste Eigenschaft der Wallner möchte ich die Vorherrschaft des Trieblebens gegenüber dem Verstandes- und Gemütsleben bezeichnen. Die Wallner sind in diesem Sinne ernst, rauh, nüchtern, nur schwer begeisterungsfähig, dem Fremden gegenüber verschlossen, aber sonst im Ganzen 319

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