OÖ. Heimatblätter 1949, 3. Jahrgang, Heft 4

Oberösterreichische Heimatblätter meist genügen, die Mauerkronen von pflanzlichen Teilen zu säubern, die lockeren Mauerschichten abzutragen und allenfalls frisch aufzumauern, die Fugen mit Kalk¬ mörtel zu verschmieren und schließlich die Mauern mit einer doppelten Rasenziegel¬ schicht abzudecken 15) Die Stadt Freistadt macht auf diesem Gebiet der Denkmalpflege eine Ausnahme. Sie schützt ihre weitgehend erhaltene, mittelalterliche Stadtbefestigungs¬ anlage mit größten Geldopfern. Das Böhmertor konnte wenigstens als Ruine erhalten werden. Das Linzertor grüßt jeden Ankömmling in seiner alten Gestalt und erst jüngst hat nach Jahrzehnten der Scheiblingturm wieder ein stilechtes Schindeldach erhalten. Mancher Grundbesitzer, der von seinen Vorfahren her Ruinen zu verwalten hat, könnte sich daran ein Beispiel nehmen, aber auch manche Schulklasse und Jugendgruppe wären aufzurütteln. Die Burgenpflege müßte eigentlich eine Angelegenheit der Jugend werden. Junge Hände könnten in selbstlosem Einsatz unter sachgemäßer Anleitung viel helfen. Das Kunstdenkmal in der Auseinandersetzung zwischen Alterswert und Denkmalwert Neben das soziologische Problem tritt in der Denkmalpflege besonders auch die geistige Umstellung und Einstellung unserer Zeit in Erscheinung. Das heutige Geschlecht rückt bei dieser Betrachtung in kein günstiges Licht. Es ist immer wieder die grundlegende Feststellung nötig, daß Kunst weder eine Spielerei noch eine nutzlose Tändelei ist. Auch sie dient praktischen Zwecken. Eine Kunst, getrennt vom Leben, gibt es nicht. Neben der leiblichen Notdurft muß der Mensch auch höhere Bereiche des Daseins anerkennen. Deren Dienerin ist eben die Kunst in allen ihren weiten Verzweigungen. Sie formt die religiösen Gefühle eines Volkes zu Plastik, Bild und Bauwerk, sie hebt die öffentlichen Anlagen eines Staates aus der Alltäglichkeit zur Festlichkeit, sie schmückt für Bürger, Bauer und Arbeiter Haus und Gemeinschaftsraum, damit sie sich darin wohl fühlen können, sie dient letztlich einem inneren Schmucktrieb, der den Menschen immer innewohnen wird und ihnen oft erst das Leben lebenswert macht. Bei dem besinnlichen Gang durch ein ländliches Gotteshaus, eine städtische Hallenkirche, eine klösterliche Prunkkirche möge der Besucher immer bedenken, daß es stets heimische Auftraggeber gewesen sind, die diese Kunstwerte wollten und anregten, in Thema und Stil bestimmten, daß heimische Meister mit ihren Gesellen diese Arbeiten verrichteten. Sie müssen bei ihren Zeitgenossen für diese echte, tiefe Kunst Verständnis gefunden haben, sonst ließe sich die starke Aus¬ prägung früherer Stilepochen niemals erklären. So läßt etwa die Verbreitung eines Thomas Schwanthaler, eines Guggenbichler bis in entlegenste Dörfer die Liebe und Schätzung erkennen, die man ihnen schon zu ihrer Zeit entgegenbrachte; man wollte, daß für den Schmuck der heimischen Kirche nur das Beste als gut empfunden wurde. 15) G. Lill, Praktische Denkmalpflege (München 1941), S. 38 f. 308

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