OÖ. Heimatblätter 1948, 2. Jahrgang, Heft 2

Kriechbaum: Dr. Ignaz Zibermahr erbittliches Schicksal seine so sehr geschätzte, treu besorgte und über alles geliebte Gattin geraubt hatte, da erschien mir vieles an ihm verständlicher. In seiner Selbstbiographie gliedert Zibermayr sein Leben in zwei Teile: 1. in die Jugend- und Studienzeit, 2. in die Mannes- und Berufszeit. Diesen beiden Lebensabschnitten werden dabei ganz verschiedene Gefühlswerte zuerkannt. Die Schilderung des Jugendalters ist ausgesprochen von Freude durch pulst; über der Darstellung des Berufslebens in Linz liegt immer ein leise melan¬ cholischer Hauch. Das Berufsleben schenkte unserem Direktor ohne Zweifel eine Fülle erfolgreicher und tief befriedigender Arbeit. Aber es war auch erfüllt von vielen Kämpfen und Streitigkeiten, die einen oft und oft an die heimatliche Gast¬ stube in Zibermayrs Vaterhaus denken lassen, in der der Hauswirt strenge Ord¬ nung hält. Nach dem Tode seines Taufpaten bekam Zibermayr als junger Gymnasiast aus dessen Erbschaft das damalige Standardwerk unserer oberösterreichischen Landeskunde, das Buch „Landeskunde von Oberösterreich“ von Ludwig Edlbacher Dieses Werk führte den strebsamen Studenten in die Grundlagen der Heimatkunde ein; es gab ihm vor allem ein erstes gründliches Wissen über sein engstes Heimat gebiet: St. Florian, Lorch und Enns. In dankbarer Erinnerung widmete Ziber mayr diesem seinem ersten landeskundlichen Erzieher ein treffliches Lebensbild. Im übrigen wirkten sich im Jugendleben des Studenten zwei große Kräfte¬ gruppen aus: der Bauernhof und das Kloster. Zibermayrs Vorfahren waren so¬ wohl väterlicher- als auch mütterlicherseits Bauern. Die Zibermayr hatten ihren Hof in Aschach an der Steyr, die mütterlichen Ahnen, vor allem die Rittmanns¬ berger, bearbeiteten Feld und Flur im Raume von St. Valentin jenseits der Enns Die ersten Zibermayr begegnen uns bereits im 14. Jahrhundert im Umkreise von Enns. Wenn Zibermayrs Eltern schließlich Besitzer eines Gasthauses im Kloster¬ markte St. Florian wurden, so verließen sie damit keineswegs ihre bäuerliche Grundeinstellung. Das Blut echter Landlerbauern steckte zutiefst in ihren Adern. Zibermayrs Mutter neigte stark zum Tiefsinn und zu Grübeleien. Sie hatte in sich den Drang, allen Dingen bis auf den Grund nachzugehen. Der Vater hatte den Italienfeldzug mitgemacht, besaß Freude am Historischen, war aber im ganzer mehr eine Frohnatur. Nicht allein geistig, sondern auch körperlich schlug der Sohn Ignaz mehr in die Art seiner Mutter. Zum zweiten wurde aber das Kloster Zibermayrs Jugend- und bis zu einem gewissen Grade sogar seine Lebensheimat. Es darf uns da keinesfalls wunder¬ nehmen, daß im Raume von St. Florian, wo sich doch die ganze Welt um das stolze und ehrwürdige Chorherrenstift der Augustiner drehte, alles Kirchliche und Klösterliche irgendwie auf einen geweckten Knaben wirken mußte. Da stand alltäg¬ lich die Wunderwelt des Barocken, die der Seele eines Bauern aus dem Baiern¬ stamme so stark entspricht, vor seinen Augen. Zibermayr schreibt begeistert von den pompösen Auferstehungsfeiern in der prachtvollen Stiftskirche, von anderen 125

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2