OÖ. Heimatblätter 1948, 2. Jahrgang, Heft 2

Oberösterreichische Heimatblätter mann Kajetan und der Landl Maxl holen das „Buamafahnl“ in den Landes¬ farben Rot-Weiß, die Fünfler Nani und 's Lehrer Traudl das „Dirndlfahnl' in den Farben der aus Bayern stammenden Kaiserin Blau-Weiß. Punkt sechs Uhr „läutens zsamm“. Der Herr Pfarrer tritt an den Altar und schon hört man aus dem Innern der Kirche den Anfang des Rosenkranzgebetes. Alle Glocken fallen mit voller Stimme ein, wie die Kreuzschar betend aus der Kirche schreitet. Der Herr Pfarrer, angetan mit dem weißen Rochett, die blaue Stola umgehängt, setzt das Birett auf und wartet, bis der Zug sich geordnet hat. An der Spitze marschiert der alte Zimmermann z'Hofern, der Zeilinger. Er trägt alljährlich das große Kreuz dem Zuge voraus. Nun folgt die Schuljugend mit ihren Fahnen. Nebenher geht der gestrenge Herr Lehrer und sieht auf Zucht und Ordnung. Hinter der Schuljugend haben sich die Stallbuben, Knechte und „Suhnbuben“, also das ledige Mannesvolk, eingereiht. Dann schreitet der Herr Pfarrer, ihm zur Seite zwei Fahnenträger mit roten Kirchenfahnen. Hinter dem Oberhirten der Gemeinde kommen die Bauern und alle verheirateten Männer, nach diesen schreiten züchtig die ledigen Weibspersonen, jung und alt. Zwei Fahnenträger mit blauen Kirchenfahnen sind ihnen ehrend beigegeben. Den Schluß machen die verheirateten oder verwitweten Bäuerinnen und sonstigen Frauen. Heute wird nach Bachmanning gegangen. Bis zum Hohen Brückl, das ist dort, wo die Toten abgesetzt werden, wenn sie ihren letzten Gang zum Friedhof tun, mengt sich der Klang der Glocken noch in das Gebet des Zuges. Beim Niedermayr Brünndl macht die Straße eine große „Reibn“. Hell tönt das Beten der Kinder, tief das Gesumm der Männer und fröhlich plappernd das Mundwerk der Mädchen und Frauen und doch klingt alles so wunderbar zusammen im frischen Morgenwind, daß es eine Lust ist, mit dabei sein zu können. Beim Obermair Stadel reihen sich noch ein paar Nachzügler ein. Und nun bewegt sich der Zug zwischen wohlbestellten Korn- und Weizenfeldern dahin. Mit Kennerblick wird von den Erwachsenen die Feldarbeit beurteilt, Saat und zu erhoffende Ernte geschätzt. Beim Feuerspritzenhaus in Willing reihen sich die letzten Verspäteten in den Zug ein und können den vorwurfsvollen Blick des Herrn Pfarrers schier nicht übersehen haben. Denn der freudenreiche und der schmerzensreiche Rosenkranz sind ja schon abgebetet und der glorreiche hat nur noch ein Gsetzl. Die Kreuzschar ist aber auch schon an der Gemeinde- und Pfarrgrenze angelangt. Munteren Schrittes geht es nun der Ortschaft Salfing zu. Den Rosenkranzzehnern werden nun Bitten eingefügt wie: „Der uns die Früchte der Erde geben und erhalten wolle!“ „Bitt für uns, Hl. Florian, daß uns das Feuer nit schaden kann!“ „Vitt für uns, Hl. Sebastian, daß uns die Pest nit schaden kann!“ „Bitt für uns, Hl. Leonhard, daß uns Gott das Vieh bewahrt! und ähnliche Sprüche. Eine Lerche schraubt sich unter hellem Trillern in die 184

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