OÖ. Heimatblätter 1948, 2. Jahrgang, Heft 1

Berichte stand. Über 1600 Fenstertafeln waren zer¬ fertig gestellte Neubau am Schillerplatz war brochen, fingerdicker Staub lag über den mit seinem Bücherspeicher neuesten Systems, mit großem Lesesaal, Vortrags- und Ausstel¬ Büchern, Regen drang in die Speicher. In dem nur 18 m2 großen ebenerdigen Leseraum lungsräumen eine ideale Lösung. drängten sich Universitätsprofessoren, Inge¬ Seit 1935 wurde eine Neuordnung des nieure, Lehrer, Beamte und Studenten, die 80.000 Bände umfassenden Bücherbestandes monatelang durch Oberösterreich und Linz durch den tüchtigen Bibliotheksleiter Dr. Ho¬ fluteten und nach harter Wehrdienstzeit endlich finger durchgeführt. Leider fand die Arbeit im wieder geistig arbeiten wollten. Jahre 1938 ein vorzeitiges Ende. Unter den Im Juli 1945 wurden mit Hilfe der ame¬ neuen Machthabern wurden die Büchereien des rikanischen Militärregierung die im Mühl¬ Priesterseminars mit wertvollen Handschriften, Inkunabeln und alten Drucken, des Kapuziner¬ viertel verlagert gewesenen Bestände wieder klosters mit seltenen Druckerzeugnissen des 16. zurückgebracht. Eine spätere Überprüfung in und 17. Jahrhunderts, der Arbeiter- und Land¬ den Bücherspeichern ergab einige Lücken, die wirtschaftskammer, des Linzer Juristen- und aber bereits in der Vorkriegszeit bestanden Ingenieur-Vereines, des militärwissenschaft¬ haben dürften. lichen Verbandes sowie mehrerer Volksbil¬ Nach langen Bemühungen ist es in den dungs- und anderer Vereine der Studien¬ Jahren 1946/47 gelungen, im Bibliotheks¬ bibliothek übergeben. Dies bedeutete einen Zu¬ gebäude, das zu vier Fünftel durch fremde wachs von rund 50.000 Bänden. Bereits im Amter besetzt war, den Lesesaal und andere Oktober 1943, also vor den Luftangriffen auf Näume freizubekommen. Die Platznot hat in¬ Linz, waren die kostbarsten Bestände, etwa soferne böse Folgen gezeitigt, als die mittel¬ 10.000 Bände, im Schlosse Sprinzenstein bei alterlichen Handschriften, Wiegendrucke und Rohrbach in Sicherheit gebracht worden. Es kam das düstere Jahre 1945. Ein gütiges Geschick hat zwar bei den 25 Flieger¬ angriffen, die Linz über sich ergehen lassen mußte, die Studienbibliothek vor größeren Bombenschäden bewahrt; ihr innerer Betrieb war aber schweren Erschütterungen und Be¬ lastungen ausgesetzt, die heute noch auf eine gedeihliche Entfaltung dieses wissenschaftlichen Institutes hemmend wirken. Der Lesesaal wurde gesperrt, die ausgebombte Kreisbauernschaft Linz bezog den ersten Stock des Gebäudes, später erhielten die Reichsbücherei, Land¬ krankenkasse und Amter der Finanzlandes¬ direktion Linz Räume zugewiesen. Der Biblio¬ thek verblieben außer dem Bücherspeicher nur mehr zwei kleine Zimmer im Erdgeschoß. Bei dem wiederholten Wechsel der eingemieteten Dienststellen verschwanden Einrichtungsgegen¬ stände. Die prächtigen Barockschränke aus dem ehemaligen Jesuitenkollegium in Linz und alte Möbel aus dem Wiener Hofmobilien-Depot mußten in den Kellern verstaut werden. Von Anfang April bis Ende Mai war das Institut ohne jede verantwortliche Leitung, daher kamen auch Bücherdiebstähle vor. Die Bibliothek befand sich in einem trostlosen Zu¬ alten Druckwerke aus aufgehobenen oberöster¬ reichischen Klöstern, die einen bedeutenden Kulturwert besitzen, nicht mehr wie früher in einem durch eiserne Türen gesicherten und stets abgesperrten Raum untergebracht werden konnten, sondern in dem tagsüber offenen und allen Bibliothekskräften zugänglichen Bücher¬ speicher Aufnahme finden mußten. Dieser be¬ klagenswerte Zustand, auf den die vorgesetzten Dienststellen immer wieder, leider ohne Erfolg, aufmerksam gemacht wurden, hat einen unred¬ lichen Angestellten im Jahre 1946 zu Dieb¬ stählen verleitet. Die Veruntreuungen wurden noch gefördert durch die gewissenlosen Prak¬ tiken von Linzer Geschäftsleuten, die aus Ge¬ winnsucht bedenkenlos wertvolle Handschriften und Drucke um billiges Geld erwarben. Glück¬ licherweise ist fast das gesamte Diebsgut wie¬ der in die Studienbibliothek zurückgekommen. Die in der Gegenwart gesunkene Moral tritt auch im Ausleiheverkehr vielseitig zutage. Entlehner haben in den letzten Kriegsjahren viele wertvolle Bücher nicht mehr zurückgestellt. Schon wiederholt gaben Benützer vor, häufig begehrte Werke verloren zu haben. Was nützt ein Geldeinsatz, wenn das Buch auf dem Büchermarkt nicht mehr zu erwerben ist! Auch

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