OÖ. Heimatblätter 1948, 2. Jahrgang, Heft 1

Srbik: Drei Lieder auf den Tod Kaiser Maximilians I. (1519) Drei Lieder auf den Tod Kaiser Maximilians I. (1519) Von Dr. Nobert N. v. Srbik (Innsbruck) Schon gelegentlich meiner Arbeit über den naturwissenschaftlichen Inhalt des vielseitigen Universitätslehrbuches Margarita philosophica (Erstauflage 1503), das der gelehrte Kartäusermönch Gregor Reisch verfaßt hatte, und noch mehr bei meinen anschließenden Geschichtsstudien über dessen Beziehungen zu Kaiser Maximilian I.1) trat das ethisch hochstehende Vertrauensverhältnis zwischen dem trotz aller Frömmigkeit im Geiste seiner Zeit zur Mystik neigenden Monarchen und seinem streng religiös gesinnten Beichtvater Reisch immer deutlicher hervor. Das Bestreben des späteren Kartäuserpriors war, unter Ablehnung geheimnis¬ voller Kräfte Wissen und Glauben zur harmonischen Einheit zu verbinden. Das geistig innige, freundschaftliche Verhältnis beider sich gegenseitig zum Gedanken¬ austausch anregender Männer währte ungetrübt durch zehn Jahre bis zum Tode des Kaisers. Und als es zum Sterben kam, berief er seinen oft erprobten Ge¬ wissensrat Reisch im Winter 1518 von Freiburg i. Br. nach Wels an sein Krankenlager. Ihm allein von den zehn Testamentsvollstreckern teilte er seinen von tiefster Demut vor Gott durchdrungenen letzten Willen mit über die geheim¬ nisvolle, uns heute grauenhaft erscheinende Behandlung seines Leichnams. Reisch spendete dem Sterbenden die letzten Tröstungen der Religion und drückte ihm am 12. Januar 1519 die Augen zu. Nach den Leichenfeierlichkeiten in Wels und zu St. Stephan in Wien erfolgte die Beisetzung in der Georgskapelle der Burg zu Wiener-Neustadt, wo der Kaiser seine sorgenlose erste Jugend verbracht hatte. Die übernatürlichen Zeichen und Ahnungen als Vorboten des Todes, das gottergebene Leiden und Sterben des Kaisers, die Bettung seines wunschgemäß entstellten Leichnams in Sack und Asche, dann die von echter Teilnahme aller Volkskreise begleiteten pomphaften Feierlichkeiten in Wels, Wien und Wiener¬ Neustadt bilden den wesentlichen, wenn auch in der Auswahl der Episoden bis¬ weilen voneinander abweichenden Inhalt von drei Volksliedern. Sie entstanden sehr bald nach dem menschlich ergreifenden und geschichtlich folgen¬ schweren Hinscheiden des im ganzen Reiche wahrhaft volkstümlichen Kaisers. Deshalb fanden sie als Flugblätter und vor allem durch mündliche Weitergabe sicherlich rasche Verbreitung. Bei dieser Sachlage wird es verständlich, daß sie nur in je einem zeitgenössischen Exemplar als zwei Einblattdrucke und eine Hand¬ *) R. R. v. Srbik, Die Margarita philosophica des Gregor Reisch († 1525). Ein Beitrag zur Geschichte der Naturwissenschaften in Deutschland. Denkschriften der Akademie der Wissen¬ schaften Wien, math. naturw. Klasse Bd 104 (Wien 1941); Maximilian I. und Gregor Reisch. Ein Beitrag zu der letzten Lebenszeit des Kaisers (Glockner-Schriften, im Druck). 39

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