OÖ. Heimatblätter 1948, 2. Jahrgang, Heft 1

Weinberger: 100 Jahre Eiszeitforschung in Oberösterreich Simony ist noch eine Erkenntnis zu verdanken, die von großer Wichtigkeit für alle spätere Eiszeitforschung wurde. Er fand nämlich eine Methode, aus ge¬ wissen Eiszeitspuren, nämlich den Karen, die Höhe der eiszeitlichen Schneegrenze zu bestimmen. Sein Wert, den er anfangs fand (5500-6000 Fuß = 1700 - 1900 Meter), war zu hoch, dementsprechend war die Größe der diluvialen Schnee¬ grenzerniedrigung mit 2500 Fuß (rund 800 Meter) zu niedrig. Später fand er einen richtigeren Wert, als er erkannte, daß zur Lösung dieser Frage „vor allem die niedrigeren freistehenden Bergmassen in der Peripherie des Alpensystems das geeignete Terrain abgeben“ 19). An kleinen Eiszeitgletschern der Gruppe des Schobers und Drachensteins bestimmte er die Schneegrenze auf nicht über 3000 Fuß, am Laudachsee auf 2800 Fuß, Werte, die mit denen, die Lichtenecker neuerdings errechnete20), auf das beste übereinstimmen (1000 Meter, 1050 Meter, im Mittel 1100 Meter). Simony stellte auch schon das Ansteigen der eiszeitlichen Schneegrenze nach Osten fest. Simony stellt weiter alteiszeitliche Traunschotter fest, verfolgt als erster in den Ostalpen Flußlaufverlegungen21). Er schließt aus dem granatführenden Mühlwerkstein im Koppental auf eine aus dem Mitterndorfer Becken kommende Urtraun. Aus einem Brief und aus Sammlungen erratischer Geschiebe erfahren wir, daß sich Simony auch dem alten Salzachgletscher zuwandte, ebenso daß er auch im Enns- und Gosautal Findlinge fand. Seine Berichte über diese Forschungen sind aber recht spärlich. Schon 1846 entwirft er folgendes Gesamtbild 22): „Welche Physiognomie mochte nun wohl in jener Zeit das Salzkammergut gehabt haben? Wenn die Linie des permanenten Schnees in einer Höhe zwischen 6000 bis 5500’ (19001700 Meter; heute nimmt man 1300 —1100 Meter an. Der Verf.) lag, so mußten beinahe alle Kuppen mit Firn gekrönt gewesen sein, und dieser konnte in allen größeren Höhenterrains, wie auch in allen tieferen Gebirgskesseln, z. B. auf dem Höllengebirge, am Schafberg, auf der Schrott, an der Zimnitz usw. einzelne Gletschergruppen gebildet haben, so daß wohl der größte Theil der Gebirgsoberfläche, vielleicht auch der größere Theil der Thaltiefen von den wandernden Eislasten überdeckt war, und somit das Salzkammergut bei einem Klima, wie dem Dänemarks, etwa das Aussehen einer Hochgebirgslandschaft des äußersten Nordens hatte.“ (Bezüglich des Klimaver¬ gleiches irrt Simony. Nach Blüthgen23) hat Dänemark ein Jahresmittel von rund 7°. Für die Eiszeit müssen wir heute eine Temperaturdepression von 10° annehmen gegenüber dem heutigen Jahresmittel von 10° in Oberösterreich24), so daß wir auf ein eiszeitliches Jahresmittel von rund 0“ kommen. Das Klima Dänemarks wäre daher viel zu warm gewesen). 19) F. Simony, Gletscher und Flußschutt als Object wissenschaftlicher Detailforschung, Mit¬ theilungen der geographischen Gesellschaft in Wien 1872 Ig 15 (5) (Wien 1873) S. 328. 20) Lichtenecker, Die gegenwärtige und eiszeitliche Schneegrenze in den Ostalpen, Verhand¬ lungen der 3. Internationalen Quartärkonferenz (Wien 1938) S. 141/47. 21) F. Simony, Über Urgesteinsablagerungen im obersten Traunthale, Sitzungsberichte der Akademie der Wissenschaften math.-naturw. Klasse Bd 59 Abtheilung 1 (Wien 1869) S. 722. 22) F. Simony, Über die Spuren der vorgeschichtlichen Eiszeit im Salzkammergute, Hai¬ dingers Berichte Bd 1 (Wien 1874) S. 244. 23) J. Blüthgen, Dänemark, Handbuch der geographischen Wissenschaften Europa II (Pots¬ dam 1938) S. 424. 22) Th. Schwarz, Klimatographie von Oberösterreich (Wien 1919).

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