OÖ. Heimatblätter 1947, 1. Jahrgang, Heft 3

Bausteine zur Heimatkunde 1212 zum Unterkäufel des 14. Jahrhunderts genommen hat, ist dunkel. Fest steht aber, daß dieser in die Stadtverwaltung- eingebaut war und ein wichtiges Amt trug, daß er nicht Privatperson war, sondern Rechtscharakter hatte. Die allgemeine Literatur hat für Österreich diese Figur eigentlich übersehen. Franz Kurz brachte wohl in seinem frühen Werk über Österreichs Handel die betreffende Urkunde aus Enns unter der Überschrift: „Urkunden, welche beweisen, daß fremde Kaufleute auch im Lande ob der Enns ebenso wie unter der Enns mit niemanden als mit den Bürgern in Städten Handel treiben durften.“5) Es ist auch ein ehrendes Zeugnis für seine intuitive Gabe, die Geschichte seiner Heimat zu erfassen, daß er der Fremdenbehandlung in den Städten von Österreich ob der Enns und unter der Enns einen breiten Raum seiner Darstellung gewidmet hat. Doch mußte ihm zeitgebunden noch der tiefe Blick fehlen, um alle Probleme sehen und lösen zu können. Mehr Beachtung hat die Figur im allgemeinen deutschen Geschichtsraum gefunden. Ein Altmeister der Stadtgeschichtsforschung, Dr. Heinrich Gottfried Gengler, hat in seinem grundlegenden Werk, in den „Deutschen Stadtrechtsalter¬ tümern", einige wertvolle Notizen dazu gegeben, die auch für uns interessant sind. Nur nahm er seine Quellen mehr aus großen Städten: Augsburg, Basel, Prag, Wismar, Danzig, Brünn, Braunschweig. Erwin Volckmann benützte in seiner Handelsgeschichte diese Ergebnisse und spannte in der Frage über Oberdeutschland einen weiten Bogen von Venedig nach Brügge. Aus diesem Überblick erfahren wir schon, daß die Zusammenschau von Einzelforschung ergänzt werden muß, wie es für alle Kapitel der mittelalterlichen Geschichtsdarstellung gilt. Denn sind z. B. die Makler in Brügge gleichzeitig die Hosteliers, die großen Fremden¬ beherberger, so stimmt dies für unseren Raum nicht. Hatte der Gast die Taxen ihrer Tätigkeit zu zahlen, so trifft dies ebenfalls für Wien und Enns nicht zu. Berichtet E. Volckmann, daß in Brügge die älteste Erwähnung 1240 mit dem Namen „markellarii" geschah, so läßt sich damit niemals seine Behauptung halten, daß die Niederlande das eigentliche Ursprungsland des Maklerwesens waren, denn 1212 gab es schon den Leihkäufer in Enns. Eine moderne Darstellung des Themas gab 1937 Eberhard Schmieder. Auch seine Ausführungen tragen den Stempel des Vorläufigen, das österreichische Städtewesen streifen sie nur. Dieser Baustein zur Landeskunde erfüllt seinen Sinn, wenn es ihm gelingt, der Beschäftigung mit der angeschnittenen wirtschaftsgeschichtlichen Frage auch für unser Land und darüber hinaus für Österreich einen neuen Impuls zu geben. Sie verdient es, ist sie doch schon von namhaften Gelehrten ernst genommen worden. 5) Vgl. zur folgenden Literaturübersicht: Franz Kurz, Österreichs Handel in älteren Zeiten, Linz 1822, S. 387. — Dr. Heinrich Gottfried Gengler, Deutsche Stadtrechtsaltertümer, Erlangen Erwin Volckmann, Germanischer Handel und Verkehr, Würzburg 1925, 1882, S. 464 ff. — S. 323 ff. — Eberhard Schmieder, Unterkäufer im Mittelalter, in: Vierteljahrsschrift für Sozial¬ und Wirtschaftsgeschichte Bd 30 (1937) S. 229 —260. 263

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