OÖ. Heimatblätter 1947, 1. Jahrgang, Heft 3

Oberösterreichische Heimatblätter die Stadt nochmals umschrieben. Zu diesen Artikeln fügte Herzog Albrecht II. am 16. Jänner 1348 nach einer Gesamtbestätigung des Privilegientertes eine Zusatzverordnung, die für unseren Gegenstand äußerst interessant ist. Bürger, Kaufleute und Krämer von Wien sollten danach 6 Unterkäufel einsetzen, „die erber und getreu und piderb leut sein", die mit 50 Pfund Pfennigen(!) eigenem Vermögen oder gleichwertiger Bürgschaft mußten gutstehen können und deren Aufgabe es war, a) für die Einhaltung des Gästerechtes der Stadt zu sorgen und b) den Fremden handel der Bürger zu betreiben. Noch farbenprächtiger wird das Bild, wenn wir eine anschließende Satzung des Rates hinzufügen. Aus ihr erwächst ein genaues Bild eines kleinen Bezirkes mittelalterlicher Stadtverwaltung. Wir staunen über die Genauigkeit der Paragraphisierung und die Weitläufigkeit der Verwaltung. Es erhöht sicher den Eindruck der Nachzeichnung, wenn Punkt für Punkt dargestellt wird: 1. Ein geschworener Unterkäufel durfte nicht die Tätigkeit eines ungeschworenen decken. Die Unterkäufel waren dem Hansgrafen (oberster Beamter der Stadt für Handhabung des Gästerechts) unterstellt. 3. Ihnen oblag auch eine Vollzugsgewalt, indem sie den rechtsverletzenden Gast¬ händler vor den Hansgrafen bringen mußten. 4. Über Besprechungen der Unterkäufel in der „hanns“ war strenges Schweigen bei Leibes- und Geldstrafe geboten. 5. Auf den Jahrmärkten durften sie keine Geschäftsverbindung anknüpfen („sich dhainer gesellschaft underwinden"). Ihr Tarif betrug von einem Pfund 3 Pfennige. Ein Unterkäufel, der Handel mit den Knechten der Kaufleute trieb, wurde mit 1 Pfund Pfennige bestraft. Ein Unterkäufel, der selbst Handel trieb und von zwei Zeugen überführt wurde, verlor sein Kaufmannsgut. Die Fahrt über Land mit fremden Kaufleuten war verboten. 10. Der Unterkäufel durfte nur stadtgesessene Kaufleute beherbergen, auf keinen Fall Gäste. Es bestand unbedingte Gehorsamspflicht gegen den Hansgrafen. Jeden Mittwoch war Versammlung bei ihm. 12. Außerhalb des Stadtbezirkes durfte der Unterkäufel nicht werben. Es ist für das Mittelalter genau zu beachten, daß nicht verallgemeinert werden darf. Die Zustände in Wien können nicht bedenkenlos und selbstverständlich auf Enns übertragen werden. Einige Gewohnheiten waren sicher anders. Doch das Gesamt¬ bild dürfte auch für Enns gelten. Ob von den Ratspersonen zu Enns, die einst im 12. Jahrhundert den Regensburger Hansgrafen zu den Zillen zur Prüfung der Ladungen begleiteten*), eine Linie zum „vnder chauffel“ des Jahres 1330 gezogen werden darf, ist noch fraglich. Welchen Weg der Entwicklung der Leihkäufer von *) Vgl. K. Oberleitner, Die Stadt Enns im Mittelalter, in: Archiv für Kunde österr. Geschichtsquellen Bd 27, I. Hälfte (1861), S. 62 ff, Anm. 2 auf S. 62. 262

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