OÖ. Heimatblätter 1947, 1. Jahrgang, Heft 3

Schmidt: Wien unter Fremdherrschaft eine Schanze zu bauen, wogegen sich die Unsrigen mit Geschossen und Schlangen¬ geschützen vergeblich wehrten. Der Feind hatte aber große Verluste. Sein erstes Heer stand beim „Hundsmaul“, das zweite beim hl. Bartholomäus, das dritte in Währing bis hart an der Donau. An diesem Tage schickten wir einen neuen Boten an den Kaiser, nachdem vorher schon einige abgegangen waren. Der Viscalis machte an diesem Tage im Rate der Bürgerschaft Hoffnung, daß in 14 Tagen eine Besserung eintreten werde. Am 11. Februar endlich kamen vom Kaiser viele der von uns abgesandten Boten, die nur eine mündliche Hoffnung brachten, aber wir harren mit fester Zuversicht der Dinge. Die Schanze bei der neuen Brücke, die Brücke selbst und zwei andere Schanzen, eine in Gumpendorf, wurden fertiggestellt. Am 15. Februar brachte uns Wienern ein wunderbarer Brief des Kaisers Trost, der am 5. Februar in Linz aufgegeben worden war und in dem es heißt, daß die Ankunft unseres Prinzen Maximilian nahe sei, der in Frankfurt mit den Wählern des Reiches verweile. Am Aschermittwoch den 16. Februar zog der Ungarkönig Mathias mit 800 Reitern vom Heere in Währing nach Korneuburg, wo er von einer Gesandt¬ schaft des Kaisers der Türken erwartet wurde, die auf zehn Kamelen oder Dro¬ medaren reiche Geschenke mitgebracht hatten. Am selben Tage ungefähr um die neunte Stunde nachts zog der Bürgermeister mit 500 Reitern nach Linz, den Kaiser zu bitten, ihn anzuhören. Er wollte ihm vortragen, was unserer Stadt nottue und daß Lebensmittel und Geld am Ende seien. Große Neuigkeiten er¬ fuhren wir am 23. Februar, nämlich daß der Herzog Sigismund in der Etsch ertrunken, ferner daß Maximilian zum römischen König erwählt worden sei Überdies kam eine Kundmachung der Stadt heraus, daß niemand bei Strafe von 5 Talern auf dem Fischmarkt Fische verkaufen dürfe. Am Tage der totalen Sonnenfinsternis, am 16. März, zerstörte der Ungar¬ könig die Schanze beim Wolf in der Nähe der Mittelbrücke und beschlagnahmte dort vier mit Getreide und Lebensmitteln beladene Schiffe, die wir zwar gesehen, aber nicht erhalten konnten, weil der Feind sie nicht zu uns durchgelassen hatte. An diesem Morgen in der Dämmerung ließ der Stadtrichter vier ketzerische böhmische Söldner, die ihren eigenen, auch ketzerischen Hauptmann ermordet hatten, durch die Hand des fünften Genossen enthaupten, der dadurch vom Tode freiging. Wir haben nämlich keinen Scharfrichter. Gegen Mitternacht kamen endlich wieder 40 Wagen mit Lebensmitteln und 50 Ochsen, die von Wiener Neu¬ stadt durch 100 Reiter eingebracht wurden. Am 17. März begann der Ungarkönig wieder an der neuen Schanze im Werder zu bauen. Die aus Neustadt gekommenen Reiter verhinderten aber den Bau dieser Schanze. Von dem Turm aus, der nach dem Biber benannt ist, wurde durch eine Geschützkugel ein an der Seite des Ungarkönigs stehender adeliger Hauptmann namens Permonczo getötet. Unsere Reiter machten sodann einen Ausfall aus dem Nikolaustor und fingen zehn könig¬ 227

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