OÖ. Heimatblätter 1947, 1. Jahrgang, Heft 3

Oberösterreichische Heimatblätter stange bereits 1822 bei der steirischen Katastralvermessung vom Grimming, Knall¬ stein und Hochgolling aus vermessen worden (1581.69 Klafter = 2999.6 Meter). Damit war auch die Unklarheit über den eigentlichen Hauptgipfel beseitigt und die zahlreichen bisherigen barometrischen und trigonometrischen Dachsteinhöhen¬ messungen (Moshammer, Schultes, Kleyle, Steiner u. a.) berichtigt. Die unklare Veröffentlichung der Höhenmessungen in einem verbreiteten Nachschlagwerk jener Zeit, A. Baumgartners „Trigonometrisch bestimmte Höhen von Österreich, Steyer¬ mark, Tirol usw. (1832), ließ jedoch den Streit, welcher Gipfel der höhere sei, weiter gehen. So vielbeachtet und umstritten die ersten Torsteinbesteigungen verlaufen waren, so still vollzog sich die Erstersteigung der Dachsteinspitze selbst. Veranlaßt wurde sie durch den zweiten großen Alpinisten der Ostalpen, mit dessen Namen wie mit dem Erzherzog Johanns bis 1840 fast alle nennenswerten Bergfahrten im Ostalpengebiet verbunden sind, Professor Peter Carl Thurwieser (geb. in Kramsach in Tirol 1789, gestorben in Salzburg 1865). Thurwieser, der erste Hochtourist der Ostalpen im heutigen Sinne, der seit 1822 zahlreiche Berg¬ fahrten und Erstbesteigungen (Ankogel, Hochkönig) in den Hohen Tauern und Stubaiern, im Steinernen Meer und im Kaisergebirge durchgeführt hatte, kam 1832 zum erstenmal ins Dachsteingebiet nach Filzmoos. Schlechtwetter ver¬ hinderte in diesem und im folgenden Jahre die geplante Torsteinbesteigung. Auf Thurwiesers Anfrage, welcher Gipfel der höhere sei, unternahm Peter Gappmayr seine dritte (die insgesamt fünfte) Torsteinbesteigung und überzeugte sich, daß der Dachstein, was ohnehin schon neun Jahre vorher durch die Vermessung fest¬ gestellt worden war, der höhere Gipfel sei. Daraufhin erstieg er 1832 allein von der Gosauer Seite auch den Dachstein. Damit war auch der höchste Gipfel des Dachsteingebirges endlich bezwungen; von der Hallstätterseite gelang dieses Unter nehmen allerdings erst 1841 dem Zimmerknecht Johann Namsauer und dem Pfannknecht Franz Linertner aus Kaltenbach bei Ischl, „zwei der kühnsten Berg¬ steiger“. Als erster Tourist ersteigt Thurwieser am 18. Juli 1834 mit Peter und Adam Gappmayr über den Gosaugletscher den Dachsteingipfel. Über den Hall¬ stätter Gletscher und die Randkluft erreichen ihn am 8. September 1842 Friedrich Simony und der Hallstätter Führer Johann Wallner. Mit diesen Erstersteigungen endet die hier behandelte „prä-alpinistische" Geschichte der Dachsteinerschließung. Nun beginnt das Zeitalter der touristischen Erschließung, die, erkämpft in einer Fülle kühner Einzelleistungen, verbunden mit den Namen zahlreicher bedeutender Hochalpinisten, über ein Jahrhundert dauert. In Friedrich Simony findet das Dachsteingebirge auch seinen meisterhaften wissen¬ schaftlichen Erforscher und Beschreiber. In den zahlreichen Werken des Dachstein¬ Schrifttums (Simony, Böhm, Radio-Radiis, Pichl u. a.) sind diese Leistungen festgehalten. 206

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