OÖ. Heimatblätter 1947, 1. Jahrgang, Heft 1

Schmidt: Selbstzeugnisse im oberösterreichischen Schrifttum heit den Gang seines Schicksals rückschauend überblickt. Den Tod seines Schwarz¬ blättchens im Käfig wie den Adlerflug Klopstocks hat er besungen, von seiner Liebe zu Blumen, von seinen Beobachtungen der Schmetterlinge, die er in wissenschaft¬ lichen Abhandlungen veröffentlichte, berichtet er mit der gleichen Sorgfalt wie von den Aufgaben, die er für Maria Theresia und Fürst Kaunitz verrichtete. Denis war eine bedeutende Erscheinung in seiner Zeit, ein vielseitiger Gelehrter und von un¬ endlichem Fleiß, immer wachem Geist und tiefer Menschlichkeit. Trotzdem war er nur selten ein Dichter. Bei seinen zahllosen Gedichten hat ihn nicht immer die Muse geküßt, doch einige sind vielleicht die besten, die in Österreich im Zeitalter der Aufklärung geschrieben wurden. Ein Kind der Aufklärung und im engeren Sinn Gefolgsmann Rousseaus ist der zu Grein gebürtige Amand Berghofer (1745—1825). Jede Zeile, die er schrieb, ist tiefstes Bekennknis seines eigenen Erlebens, doch die eigentliche Schilderung seines Lebenslaufes, die er 1818 verfaßte, gab er unter einem Deck¬ namen heraus und spricht darin von sich in der dritten Person. Sein Wesen ist gekennzeichnet durch unstillbare Unrast, die ihn von Land zu Land trieb, von ständigem Hader mit seinem Schicksal und durch flammende Empörung über die Laster der Menschen, die er so gern lieben möchte; einen menschenfreundlichen Menschenfeind hat ihn Wieland treffend genannt. „Hofscheu und ländliches Heim¬ weh“ ist der Titel seiner Lebensgeschichte, die ein menschliches Dokument von hoher Eigenart geworden ist. Hier hat sich Schilderung zu Bekenntnis verdichtet, denn jede kleinste äußerliche Berichterstattung ist zugleich die Enthüllung einer tiefen seelischen Haltung. Glut der Empfindung ist an vollendete Klarheit des sprachlichen Ausdrucks geheftet. Die Schrullenhaftigkeit des Verfassers mitein¬ gerechnet liegt hier ein Lebensdokument vor, dessen sittliche Größe und klassische Form Achtung und — mehr als bisher — Beachtung verdienen, es gibt nicht viele seiner Art im österreichischen Schrifttum. Wieland, an den sich Berghofer in seiner Seelennot demütig gewandt hat, war nahe daran, ihn in sein Haus aufzunehmen; auf ihn geht es zurück, daß er den Ehrennamen eines österreichischen Rousseau erhielt. Der flammende Aufruf des großen Genfers nach Rückkehr zur Natur steht mit einer eigentümlichen Gruppe von literarischen Erzeugnissen in Zusammenhang, den Nobinsonaden. Diese sind in Oberösterreich mit zwei Beispielen vertreten, dem Buch „Schicksale und Abenteuer des Moritz von Greifenklau, eines Linzers (Wien 1799) und „Robinson, der Oberösterreicher. Höchst merkwürdige Schicksale Johann Georg Peyers, aus Urfahr nächst Linz gebürtig, ehemaligen k. k. Dra¬ gonerwachtmeisters bei dem Regiment Prinz Eugen von Savoyen, dessen Ge fangennehmung von den Türken, dann zehnjähriger Aufenthalt auf einer damals noch nicht bekannten Insel in Amerika und endliche Befreiung, von ihm selbst be schrieben.“ Im Gegensatz zu diesen von äußerem Geschehen erfüllten Schilde¬ rungen hat Johann Valentin Paur (1761 — 1835) eine innige, auf Beobachtung der Natur beschränkte Darstellung seines Lebens am Hallstätter See 1834 ver¬ 55

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