OÖ. Heimatblätter 1947, 1. Jahrgang, Heft 1

Schmidt: Selbstzeugnisse im oberösterreichischen Schriftum eignisse, teils über persönliche Erlebnisse wie den Besuch des Kaisers Max in Mondsee. Den Hauptinhalt seiner Notizen in den letzten Lebensjahren bilden seine grotesken Erlebnisse mit dem Klostergeist Poliel, die zuletzt sein ganzes Denken beherrschten. Es scheint sich dabei um schizophrene Symptome bei dem bereits altersschwachen Schilling gehandelt zu haben. Am 11. Februar 1540 ist er in Mondsee gestorben. Der Dichter und Gelehrte Johann Stabius († 1522), in Steyr gebürtig, ist hier nur mittelbar von Bedeutung. Stabius, der 1502 von Kaiser Max zum Dichter gekrönt und zu seinem Sekretär und Geschichtsschreiber ernannt wurde, hatte die Aufgabe, das Leben seines Herrn zu beschreiben. Er entwarf gemeinsam mit Dürer, der auch sein Wappen und zwei Himmelskarten nach seinen Angaben in Holz schnitt, die berühmte Ehrenpforte des Kaisers. Sie enthält eine Lebens¬ geschichte Maximilians in Versen, die Stabius verfaßt hat. Er gilt als der be¬ deutendste literarische Berater des Kaisers und ist somit zweifellos an der Planung und Ausarbeitung der beiden seltsamen selbstbiographischen Werke des Kaisers, des „Weißkunig“ und „Theuerdank“, beteiligt gewesen. Nachdem durch den Humanismus die Abfassung von Tagebüchern und Lebens¬ geschichten besonders gefördert worden war, ging in der Folge diese Gepflogenheit auch auf weitere Kreise über, namentlich auf den Adel. Berühmt sind die Annalen des Grafen Franz Christoph von Khevenhüller, der seine Residenz in Kam¬ mer hatte, jedoch aus Kärnten stammt. Er schildert in großer Ausführlichkeit sein Leben von 1578 ab; seine Aufzeichnungen sind eine überaus wertvolle Quelle für die Geschichte und Kultur Oberösterreichs. Mit der erweiterten geographischen Weltkenntnis der Renaissance und der erwachten Reiselust entstanden die Reise¬ tagebücher, zu denen auch Oberösterreich beigesteuert hat. Maximilian Loren Graf Starhemberg verfaßte 1675 ein Tagebuch seines Zuges als kaiserlicher General nach Neapel und Sizilien und Matthias Puel aus Steyr gab eine „Raiß- und Meers-Beschreibung, darinnen die Naiß- und Seefahrten von der Stadt Steyr auß durch Teutsch- und Ungarland in Italiam und andere Länder gründlich beschrieben“ 1666 in Nürnberg heraus. Puel machte Korsarenkämpfe mit und kam bis Ferusalem. In der Widmung seines Buches an den Bürgermeister von Steyr Maximilian Luckner hebt er die Vorteile des Reisens hervor und fügt hinzu: „dieses betrachtend, habe ich mich auch zeitlich von Haus in die Fremde, dessen mich teilhaftig zu machen, Gott und dem Glücke untergeben.“ Etwa zur selben Zeit führte der Linzer Bürger und Kaufmann Peisser ein sorgfältig registrierendes Tagebuch, das die Jahre von 1653 bis etwa 1705 umfaßt. Die vorkünstlerische Haltung aller dieser Selbstzeugnisse hat ein seltsamer Mann der Barockzeit bis nahe an die künstlerische Gestaltung geführt, der Steyrer Matthias Abele (1617—77) Er war Doktor der Rechte, Hofgeschichtsschreiber Kaiser Leopolds I. und Mitglied der Fruchtbringenden Gesellschaft. Sein Haupt¬ werk „Vivat oder künstliche Unordnung“ (Nürnberg 1675) erreichte bis 1705 sieben Auflagen und wurde ins Französische, Englische und Holländische übersetzt. Es ist

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2