Johann Gotthard Hayberger 1695-1764

sowohl gegenüber Wiesmayr wie auch gegenüber Altomonte die geistig und künstlerisch überragende Rolle spielte. Die Invention des Propstes wurde von ihm ebenso geistig verdichtet, wie er die Ausführung des Freskos durch die Skizze künstlerisch festlegte. Altomonte hatte kaum mehr denn seine Dienste als technisch versierter Meister, der Grans Gedanken (zu) verstehen und solches als ein virtuoser Künstler auszuführen wisse, zur Verfügung zu stellen. Bezüglich der Architekturmalerei legte sich Gran 1746 noch nicht fest. Er wollte sie in loco abgeredetermaßen selbst anzeichnen und kündigte zugleich an, daß ihm bis dahin möglicherweise anstatt der zu machenden Architektur noch etwas besseres einfallen würd~. Außerdem wollte er in loco es erst deliberieren, ob die Wissenschaftsallegorien in den Stichkappen des Gewölbes in Basrelief-Art oder in bunten Farben vorzustellen seien. Im Frühjahr r747 kam Gran dann tatsächlich nach St. Florian und ordinierte die Malerei der Randzone um das Mittelfeld. Gran ließ es mit der Architekturmalerei bewenden, plazierte aber die Wissenschaftsallegorien in bunten Farben nicht in die Stichkappen des Gewölbes, wie ursprünglich vorgesehen war, sondern dazwischen 1600 • In die Stichkappen selbst kamen kreisrunde Medaillons mit szenischen Darstellungen und Porträts in BasreliefArt1601. Sämtliche Tischlerarbeiten in dem Bibliothekssaal, die Bücherregale, die Wendeltreppe, die umlaufende Galerie, die vier großen Tafeltruhen, der als Bibliothekstreppe aufklappbare Tisch, die zwölf Klapptische an den unteren und oberen Fenstern und alles andere wurden 1749 eingerichtet 1602 • An dem ungeheueren Auftrag arbeitete der Tischlermeister Christian Jegg seit 1745 1603 • Den geschnitzten Zierat schuf d~r Bildhauer Johann Paul Sattler 1604. Wie weit Jegg oder der Baumeister Hayberger für das Aussehen des Saals verantwortlich ist, kann nicht vollständig aufgeklärt werden. Sicher aber gab Hayberger das Grundkonzept der Innenausstattung an, die dem »österreichischen Bibliothekstypus« 1605 , wie ihn vorher die Abteien von Melk, Göttweig und Seitenstetten ausbildeten, verpflichtet ist. Jegg kann wahrscheinlich der detaillierte Entwurf zugesprochen werden. Aus der Bemerkung des Propstes Frigdian Knecht von Herzogenburg, der Tischler habe seine Bibliothekskästen brav und stattlich gemacht, kan~ indirekt auf einen schöpferischen Anteil Jeggs geschlossen werden, da sich der Propst im Zusammenhang mit dieser Bemerkung über den Kunstverstand Jeggs bezüglich der Kanzel in der Stiftskirche von St. Florian auseinandersetzt 1606 • Gegenüber der strengen Einrichtung der Bibliotheken von Melk und Seitenstetten schuf Jegg eine dem Kunstwollen der Mitte des 18. Jahrhunderts entsprechend bewegtere Wand 1607 • Die leicht vor- und zurückspringenden Regale, vor allem Abb. 88 aber die stärker vor- und zurück.schwingende Galerie rufen den Eindruck. eines unruhig bewegten Raums hervor~Weit entfernt von der Leichtigkeit des Rokoko, wirkt der Saal beängstigend überfüllt. Klare und ruhige Linien hätten angesichts der Bücherfülle dem schmalen und hohen Raum sicher besser entsprochen. überhaupt zeigt sich, daß die auf Prandtauer zurückgehende Proportionierung des Saals Regale, die den Raum noch schmäler machen, nicht erträgt. Ein guter Einfall Jeggs war es aber, die Galerie nicht wie in Göttweig, Melk und Seitenstetten durch Konsolen abzustützen, sondern frei schwebend an den Wänden herumzuführen. Im Juli 1750 war die Bibliothekseinrichtung soweit fertiggestellt, daß die Bücher, die vermutlich bis dahin in den Räumen des südlichen Bibliothekstrakts lagerten, im Hauptsaal aufgestellt werden konnten. Als die zweiwöchige Arbeit

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