Johann Gotthard Hayberger 1695-1764

KAPITEL VIII DER BIBLIOTHEKSTRAK.T Mit dem Bau des Bibliothekspavillons und der auf beiden Seiten anschließenden, jeweils fünf Fensterachsen langen Traktteile wurde die noch offene Lücke im Geviert des Prälatenhofs geschlossen und die gesamte Stiftsanlage vollendet. Bauherr war Propst Johann Georg Wiesmayr, der sich nach seiner Wahl im Jahre 1732 mit Bauunternehmungen sehr zurückgehalten hatte. Ein Vergleich der Baukosten im letzten vollen Regierungsjahr seines Vorgängers, also 1731, mit denen des Jahres 173 3 ist aufschlußreich. Betrugen die Ausgaben 173 1 noch 22 643 fl, so sanken sie 1733 auf 5 142 fl. Wiesmayr setzte sich geradezu ostentativ von der Baulust seines Vorgängers ab. Dies geschah wohl nicht nur aus einer besonderen Neigung zur Sparsamkeit, wie sie den Charakter des Propstes zweifellos kennzeichnete, auch wohl nicht nur, weil die Finanzen des Stifts überanstrengt waren, sondern zu einem guten Teil aus Rücksicht auf die Regierung in Wien. Dem Wiener Hof, der 1732 Gelegenheit hatte, im Gefolge des Kaisers das Stift aus eigener Anschauung kennenzulernen, war die Pracht St. Florians so aufgefallen, daß Kritik laut wurde1511 • Bis in sein letztes Lebensjahr war Johann Georg Wiesmayr darum besorgt, mit besonders prachtvollen Werken bei Hof keine Kritik zu erwecken 1512 • Erst 1737 ging der Propst daran, den Bibliothekstrakt, der ihm als gelehrten und wissenschaftlich interessierten Mann besonders am Herzen lag, zu errichten. Die Bauarbeiten währten ein volles Jahrzehnt. 1. Die Planungsgeschichte Der grundlegende Gedanke, die Bibliothek als Pavillon in die Mitte des östlichen Hofflügels zu stellen und auf diese Weise mit dem gegenüberliegenden Treppenhausrisalit und dem Pavillon des Saals im Südflügel in Beziehung zu setzen, geht sicherlich auf Prandtauers Planung für die Gesamtanlage des Stifts von 1710 zurück 1513 • Die ältesten bildlichen Quellen, die Aufschluß über die Bauplanung geben, stammen allerdings erst aus den Jahren 1716 und 1717. a) Die Planung nach Abschluß der Bausaison von 1716 Der von der Planung des Jahres 1716 erhaltene Keller- und Erdgeschoßgrundriß Abb. 44, der Stiftsanlage zeigt den Bibliotheksflügel in den Grundzügen bereits in der 45, Weise, wie er später erbaut wurde1514 • Der siebenachsige Bibliothekspavillon ist 78 so in den Flügel gestellt, daß er auf seiner Hofseite gleich dem gegenüberliegenden Treppenhaus von sechs Traktachsen flankiert wird. Da sich der trapezförmige Hof jedoch zur Bibliotheksseite hin verengt, sind die Erdgeschoßarkaden nicht so breit angelegt wie die des Treppenhausflügels. Nach außen hin wird der Pavillon von zwei, jeweils neun Achsen langen Rücklagen flankiert, die nach dem gleichen System wie die West- und Südfassade des Stifts mit Kolossalpilastern gegliedert sind. Der an die nördliche Rücklage anschließende 27 Achsen lange Konventtrakt

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2