Johann Gotthard Hayberger 1695-1764

vorhallen in Böhmen mit dem Florianer Vorhaben vergleichen 583 • Das eigentliche 1 Verbreitungsgebiet des geschlossenen und zentralbauförmigen Vestibüls ist Schlesien. Zu nennen wären etwa die Vorbauten an der Südseite der Vinzenzkirche oder an der Fassade der Corporis Christi Kirche in Breslau, die beide 1699 entstanden 584 • 1713 folgte dem Breslauer Muster der reichere, mit Statuen besetzte Eingangsbau vor der Fassade der Zisterzienserabteikirdie Heinridiau 585 • Die Bildung des Portalgebäudes als eines kleinen Zentralbaus, der von eine_r Kuppel bekrönt wird, die teilweise sogar mit einer Laterne versehen ist, kann unschwer von den an vielen schlesischen Kirchen angebauten Grabkapellen abgeleitet werden, die als Memorialbauten zentral gestaltet sind. Vorbild dieser an die Kirchen angefügten Mausoleen ist die 1680-1686 von Giacomo Scianci an den Breslauer Dom angebaute Elisabethkapelle, die sich der Kardinal Friedrich von Hessen als Grabkapelle erbauen ließ. Das bedeutendere Pendant zu der genannten Kapelle stellt die Kurfürstenkapelle dar, die Johann Bernhard Fisdier v. Erladi seit 1716 . am Breslauer Dom errichtete. Das Vestibül als Zentralbau muß als selbständige Leistung des schlesischen Barocks gelten. Da die Kunstlandschaft des habsburgischen Schlesien mit Osterreich in unmittelbarer und wediselseitiger Beziehung stand, ist es nidit abwegig, einen sdilesischen Einfluß auf Prandtauers Entwurf für St. Florian anzunehmen. Der Grundgedanke, einen Portalvorbau als Zentralbau zu gestalten, wird aber von Prandtauer weitaus origineller gehandhabt als in Schlesien. Ein wenig erinnert Prandtauers Plan in seiner tempiettohaften Verspieltheit und in seinem Reichtum an Freisäulen und Figuren an ephemere Festarchitekturen. Eine weitere, nicht zu übersehende Wurzel bildet die Kleinarchitektur der Altartabernakel, die gerne als säulen- und figurengeschmückte Tempelchen gebildet werden. Vor allem weist die Anschmiegung des Baukörpers an seine Rücklage auf die TabernakelarchitekAbb. 6, 7 tur. Als Beispiel kann auf den Tabernakel des Hochaltars der Stiftskirche selbst verwiesen werden. Siegel und Unterschrift von Gotthard Hayberger auf dem Vertrag zur Übernahme der Bauleitung in St. Florian am 9. Mai 1744.

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