Grüne Bürgerzeitung, Nummer 2, Juni 1994

STRASSE NACH EUROPA Die mögliche Mit- gliedschaft Oster- reichs in der Europäi- schen Union ist nichts abstraktes, sondern hat auch weitreichen- de Bedeutung für die Region Steyr. Einen kritischen Ober- blick gibt GAL-Mitar- beiter Bruno Feigl. Aber, egal ob Oster- reich dem Brüssler Verein beitreten wird oder nicht: Vor allem ökologi- sche Probleme schreien europa- weit und in der Region Steyr nach Lösungen, sowohl innerhalb als auch außerhalb der EU. Die Hilflosigkeit der Politik angesichts der stark wachsenden Ver- kehrslawine kommt in einer Analyse von Peter Czermak zur Sprache. Die EuropäischeUnion(EU)istvor allem eineWirtschaftsgemeinschaft. IhrHaupt- zweck ist Schaffung optimaler Bedingun- gen für Wirtschaftswachstum, ,,freie" Konkurrenz und unbeschränktem Bin- nenhandel. Als Ausgangspunkt des nun im Maastrichter Vertrag umgesetzten Binnenmarktmodells sind Mitte der 8oer Jahre die vier sogenannten Grundfreihei- ten formuliert worden, die in ihren Aus- wirkungen auch negative Begleiterschei- nungen im Sozial- und Umweltbereich befürchten lassen. Freiheit des Warenverkehrs Diese „Freiheit" führt zu ungehindertem Verschieben großer Warenmengen quer durch Europa im Interesse hohen Ge- winns ohne Rücksicht auf Umweltbela- stungen. Unsinnige Transporte von Ge- brauchsgütern über Tausende Kilometer sind Usus. Es gibt dazu in der EU keine Regulierung des Transportwesens und die mangelnde Förderung der Bahn unterslützl Jie Verkehrslawine zusätzlich. Österreichs Transitanrainer können ein Lied davon singen. Und die Zulassungschwerer LKW- Transporte (40 Tonnen; die Schweiz im Vergleich läßt nur 28-Tonner durchfahren) via EU-Beitritts- vertrag bedeuten eine zusätzli- che Belastungvon Mensch und Umwelt an den Transitrouten. Das Prinzip des freien Waren- verkehrs bedeutet aber auch, daß in Österreich Produkte verkauft wer- den, die bisher aus ökologischen oder gesundheitlichen Gründen nicht zuge- lassen waren. Zusätzlich ist durch denWegfall von Zoll- kontrollen zu befürchten, daß Um- weltstandards zusätzlich verwässert wer- den und etwa Giftmülltransporte die Grenzenunkontrolliert passieren können. Die Freiheit des Kapitalverkehrs Hier ist der Abbau von Beschränkungen für Kapital und Devisenströme gemeint, und es ist eine stärkere Kapitalkonzen- tration als bisher zu erwarten. Die EU ist ein Europa der Konzerne - alleine schon des- halb, wenn man sichvorAugen hält, daß die großen eu- ropäischenKonzer- ne umfangreichere Budgets haben, als so manches EU- Mitgliedsland. Die Freizügig- keit der Arbeitnehmer Die Sozialpolitik in der EU ist dem enormen Druck der Kapitalver- EUSON Delegierten zum Eurpakong1 den sich, den Wähler für die 12.Juni ein Nein zu empfehlE intensiven Diskussion, die im gewickelt wurde - und die C Europasprechers der Grünei Voggenhuber in den Medien ebenso wie die propagandis Pro-ELI-Kampagne der Regi in keinem Verhältnis zu sachl und fairen Abwägung inned der Grünen. Einen kritischen blick über die Politik der EU folgenden Beitrag Bruno Fei flechtungen und derWirtschaftslobbisten ausgeliefert- die hohen Arbeitslosenzah- len in der EU sprechen eine deutliche Sprache. So wird auch seit über 20 Jahren die übernationale Arbeitnehmervertre- tung blockiert. In Österreich hingegen heißt es, der Beitritt würde Arbeitsplätze schaffen. Die Freiheit des Personenverkehrs Die sogenannten Niederlassungsfreiheit wirkt sich nur zugunsten der Begüterten aus, da sie sich die notwendige Mobilität leisten können. Gerade in Österreich wird es zu einem weiteren Ausverkauf in Gebieten mit ho- hem Erholungswert kommen, da die tou- rismusfahigen Regionen verstärkt kapi- talkräftige EU-Bürger anziehen werden. Eine weitere Zersiedelung naturnaher Landschaften wird die Folge sein. Zudem werden auch die Grundstücks- preise in den Städten ansteigen und sozia- len Wohnbau zusätzlich erschweren. Der Agrarbereich Für die Landwirtschaft wird ein Beitritt zur EU zu schweren Problemen führen, weil die großflächige Landwirtschaft in der EU den österreichischen Verhältnis- sen überlegen ist und ein enormer Preis- druck entstehen wird - vor allem für die mittleren Betriebe im Hügelland. Q!ialitätsverluste und steigende Umwelt- belastungenwerden die Folgen sein. Auch deshalb, weil sich aufgrund von Konzen- trationen die Transportwege verlängern. Alleine für die Milch werden sich die innerösterreichischenTransportwegever- doppeln. Noch ein Beispiel: Die EU ist ein Halt- barmilchimperium - während in Öster- reich 95% Frischmilch auf den Markt

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